In der Diskussion auf der internationalen Konferenz des Schiller-Instituts am 10. Juni 2023 im Gedenken an Präsident Kennedys berühmte Friedensrede 1963 sagte Helga Zepp-LaRouche auf eine Frage, welche Art von Kultur- und Bildungsprozesse gefördert werden sollten, um die kognitiven und moralischen Fähigkeiten der Bevölkerung zu steigern, folgendes.
Es wird Sie sicher nicht überraschen, aber meine Antwort lautet: Friedrich Schiller. Der Grund, warum das Schiller-Institut nach Friedrich Schiller benannt ist, liegt darin, daß ich 1983, als ich die Gründung für dringend notwendig hielt, nach einem Namen für ein Institut für Staatskunst suchte. Übrigens wollte ich noch anmerken, daß selbst Kennedy damals im Gespräch mit Leuten aus dem Geheimdienstapparat anprangerte, daß es irgendwie bereits selbstverständlich wäre, daß Putsche, Umstürze und all diese Dinge ein legitimer Teil der Macht seien, wie in diesem Fall gegen den Jemen. Mit dem Schiller-Institut begründeten wir die Idee, daß eine völlig andere Vorstellung von Staatskunst erforderlich sei, bei der es keine Putsche und keine Einmischung in die inneren Angelegenheiten des anderen Landes gibt, sondern daß sich jede Nation auf die beste Tradition der anderen bezieht.
Wenn man sich mit einem Amerikaner unterhält, möchte man nicht die ganze Zeit über die bekannten Verbrechen in Vietnam oder den Irak-Krieg oder andere Dinge sprechen, sondern über die Höhepunkte der amerikanischen Kultur. So auch umgekehrt, wenn ich mit jemandem aus Deutschland spreche, möchte ich nicht nur an die 12 Jahre Horrorshow des Nationalsozialismus erinnert werden. Ich möchte an Nikolaus von Kues, an Leibniz, an Kepler, an Lessing, an Schiller, an Goethe erinnert werden – ja, sogar an den vielzitierten Goethe –, an Beethoven und all diese anderen großen Geister. Wir müssen uns langsam geistig umstellen und einen anderen Denkmodus wählen. Denn meines Erachtens ist das außenpolitische Konzept, mit dem Putsche und ähnliche Dinge legitimiert werden, ein Auswuchs der Geopolitik. Wir müssen zu einem neuen Paradigma übergehen, zu einer neuen Beziehung zwischen den Nationen.
Die BRICS-Länder z. B. versuchen gerade, dies umzusetzen, und viele asiatische und afrikanische Länder ebenso. Dann gibt es kein Nullsummenspiel mehr, bei dem der Vorteil des einen der Nachteil des anderen ist und man deshalb den anderen manipulieren müsse. Diese oligarchische Denkweise sollten wir unbedingt überwinden. Und ich bin absolut zuversichtlich, daß wir dazu in der Lage sein werden, denn wir sind Menschen; wir sind keine zwei- oder vierjährigen Jungen, die dem anderen ständig ans Bein treten müssen, um zu beweisen, wer der Stärkere ist. Irgendwann müssen wir erwachsen werden und als intelligente, moralisch entwickelte Menschen miteinander umgehen.
Die Antwort auf Ihre Frage lautet also: Schauen Sie sich Friedrich Schillers Briefe Über die ästhetische Erziehung des Menschen an. Oder In ähnlicher Weise auch Konfuzius oder einige andere Denker wie Humboldt oder Cai Yuanpei, der erste Bildungsminister der Republik China. Es geht um die Idee, daß man durch ästhetische Erziehung seine Gefühle erheben kann. Der Grund, warum die Menschen durch die Medien so manipuliert werden können, liegt darin, daß die Oligarchie das Schlimmste in ihnen zum Vorschein bringen will, denn wenn die Menschen schweinisch, egoistisch, pornografisch und gewalttätig usw. sind, ist es leicht, sie zu manipulieren. Man kann die Ansichten der Menschen beeinflussen, indem man das Schlechteste in ihnen hervorruft.
Unsere Aufgabe dagegen ist viel schwieriger – wir müssen das Beste in den Menschen zum Vorschein bringen. Der Weg dazu ist die Anwendung der Methode der ästhetischen Erziehung, die am deutlichsten von Friedrich Schiller entwickelt wurde. Er hatte die Idee, der Mensch könne sich durch große klassische Kunst – die Musik Beethovens, die Werke Shakespeares, die Werke vieler anderer großer Dichter und Komponisten – moralisch entwickeln. Natürlich gleicht niemand einem Beethoven oder Shakespeare. Doch was passiert beim Hören oder Lesen großer Werke? Zumindest in dem Moment, wo man sich auf ein großes Kunstwerk einläßt, muß man sich auch auf dessen Schönheit einlassen. Das ist zum einen sinnlich, denn Schönheit spricht die Sinne an, aber es macht uns auch moralisch besser. Je mehr Menschen sich mit großer klassischer Kunst beschäftigen – Poesie, Malerei, vor allem Musik –, desto mehr verbessert sich ihr Charakter, vor allem, wenn dies mit der Anstrengung verbunden ist, die Komposition auch intellektuell zu verstehen.
Wir müssen also die Menschen zu besseren Menschen machen. Konfuzius sagte, man könne den Charakter eines Staates an seiner Musik erkennen. Wenn die Musik schlecht ist, ist das Land schlecht. Ist die Musik erhaben, ist das Land erhaben. Deshalb denke ich, wir sollten vor allem die häßliche Musik loswerden. In Deutschland z.B. gibt es gerade einen großen Skandal um eine Rockband namens „Rammstein“, die vielleicht nicht ganz zufällig den gleichen Namen trägt wie der Ort, wo das Koordinationszentrum der USA ist für die Kriege im Nahen Osten und anderswo, auch in der Ukraine. Die Band „Rammstein“ hat lediglich ein „m“ mehr in ihrem Namen. Jetzt ist herausgekommen, daß einige Bandmitglieder in ekelhafte sexuelle Belästigungen von Frauen verwickelt waren. Wenn das so scheußlich ist, warum hören wir uns solche Musik an? Warum lassen wir uns in den Strudel von Drogen, Entartung und Perversion hineinreißen? Das tut unserer Seele weh, denn unsere Seele ist eine sehr wertvolle Sache, sie hat ein Potential. Entweder wir schützen sie, nähren sie und machen sie schöner, oder wir verlieren sie irgendwann, und dann werden wir zu Bestien.
Daher ist die ästhetische Erziehung meine beste Empfehlung, denn man muß die Denkweise der Menschen ändern; man muß ihre Ideen veredeln, und die klassische große Kunst ist der beste Weg dahin. Schiller sagte, man müsse die Menschen in ihrer Freizeit einfangen, denn wenn sie hart arbeiten, sind sie für große Ideen kaum zugänglich. Aber in ihrer Freizeit kann man sie spielerisch auf ein höheres Niveau heben. Das ist einer der vielen Gründe, warum das Schiller-Institut Schiller-Institut heißt. Also, bitte lesen Sie Schiller!