Nimmt man den einflußreichen Richter am Obersten Gerichtshof, Antonin Scalia, zum Maßstab, dann sind weder Wahrheitsliebe noch Gerechtigkeit die Leitmotive heutiger Rechtspraxis in den USA.
Es ist bezeichnend, daß ein Unschuldiger, der politische Gefangene Michael Billington, noch immer eine 77jährige Haftstrafe verbüßt, zu der er im Bundesstaat Virginia verurteilt wurde, obwohl in mehreren Berufungsanträgen Beweise vorgelegt wurden, welche die Rechtswidrigkeit von Prozeßführung und Urteil nachwiesen und die korrupten politischen Motive der Staatsanwaltschaft und des verantwortlichen Richters aufdeckten. In vier verwandten Fällen müssen unschuldige politische Gefangene ähnlich ungeheure, wenn auch etwas kürzere Haftstrafen erdulden. Das himmelschreiende Unrecht dieser Fälle wirft grelles Licht auf die weitverbreitete Korruption im amerikanischen Rechtssystem.((Billington wurde ungerechtfertigterweise wegen angeblichen Wertpapierverkaufs angeklagt und verurteilt. Die meineidigen Aussagen der Zeugen der Anklage wurden später angefochten, und es wurde bewiesen, daß es sich nicht um Wertpapiere handelte; hätte es ein faires Verfahren gegeben, so wäre er rehabilitiert worden. In dem Prozeß wurde Billington mithilfe eines korrumpierten Verteidigers und mit der Komplizenschaft des Richters das Recht verweigert, die Beweise für die mangelnde Glaubwürdigkeit der meineidigen Zeugen vorzulegen. Anklage, Prozeß und Berufungsverfahren wurden bislang von offener, politisch motivierter Korruption bestimmt, sowohl vor den Bundesgerichten als auch auf Landesebene.)) Weiter ist es zum Beispiel an der Tagesordnung, daß der Oberste Gerichtshof selbst solche Todesurteile mit Mehrheit bestätigt, bei denen zwischenzeitlich zwingende Beweise für die Unrechtmäßigkeit der Verurteilung vorgelegt wurden.((Beispielsweise Herrera v. Collins. Leonel Herrera wurde am 12. Mai 1993 hingerichtet, nachdem der Oberste Gerichtshof die Untersuchung neuer Beweise für seine Unschuld verweigert hatte.)) Und auch dann, wenn Staatsanwaltschaft und Richter nicht von politischen Motiven geleitet sind, greift immer öfter die traurige Tradition der beiden Richter aus Rabelais‘ Dichtung, Leckart und Pissart um sich, die ihre Urteile im Hinterzimmer auszuwürfeln pflegten.
Das Problem läßt sich veranschaulichen an dem Verfahren gegen den Autor selbst, das Ende 1988 vor einem Bundesgericht in Virginia (Federal District Court for the Eastern District of Virginia) zur Verhandlung kam. Auch Michael Billington gehörte damals zu den Angeklagten.((Fall Nr. CR 88-243-A, United States v. Lyndon LaRouche, Jr., William Wertz, Edward Spannaus, Michael Billington, Dennis Small, Paul Greenberg, Joyce Rubinstein. Siehe Railroad! USA vs. Lyndon LaRouche et. al., Commission to Investigate Human Rights Violations, Washington 1989. Siehe auch den Bericht eines unabhängigen Juristengremiums vom 2. September 1994, veröffentlicht in EIR, 16. September 1994. (Bericht über das Gremium und deutsche Übersetzung des Berichts auch veröffentlicht in: Ibykus, Nr. 48, Wiesbaden 1994). Weitere Informationen in: Independent Hearings to Investigate Misconduct by the U.S. Department of Justice, Schiller Institute, Washington, Oktober 1995. Auszüge in deutscher Übersetzung in: Ibykus, Nr.53, Wiesbaden 1995.))
Der „Fall LaRouche“
Wie gerichtliche Dokumente belegen, haben die Bundesstaatsanwälte 1987 erklärt, ein Verfahren gegen den Autor wegen „Kreditbetrugs“ hätte keinerlei Aussicht auf Erfolg, so lange die drei mit seiner politischen Arbeit verbundenen Verlage in Virginia weiterhin Rückzahlungen an ihre Gläubiger leisteten. Nur wenn die Regierung den Zwangskonkurs und die Schließung dieser Firmen erwirke, so argumentierten damals die Staatsanwälte, könne eine Anklage gegen LaRouche erfolgversprechend betrieben werden.((„Motion to Vacate, Set Aside, Correct Sentence Under 28 USC Paragr. 2255, (Antrag auf Wiederaufnahme) United States v. Lyndon LaRouche, AZ CA-92-86-AM, E.D. Va.“, Anlage 15.)) Nachdem es von den Staatsanwälten solcherlei Ratschläge erhalten hatte, verhängte das US-Justizministerium tatsächlich einen gesetzwidrigen und in der amerikanischen Geschichte einmaligen Zwangskonkurs gegen die drei Firmen. Auf Grundlage dieses Zwangskonkurses wurden die Firmen geschlossen und die Rückzahlungen von Krediten eingestellt. 1989, nachdem die Firmen aufgehört hatten zu existieren, wurde dieses Vorgehen nachträglich für rechtswidrig erklärt; die Gerichte erklärten, Staatsanwalt Henry Hudson – derselbe Hudson, der die Anklage im „LaRouche-Prozeß“ in Alexandria vertreten hatte – habe 1987 den rechtswidrigen Konkurs der drei Firmen mittels „objektiver Irreführung des Gerichts“ durchgesetzt.((In re Caucus Distributors, Inc., et al., 106BR890 (Bankruptcy E.D. Va. 1989), 907, 909, 926. Bestätigt von U.S.-Bezirksrichter Claude Hilton. Die Oberste Finanzverwaltung verzichtete auf weitere Berufung.))
Als dann dieselben Bundesstaatsanwälte am 14.Oktober 1988 gegen den Autor, Billington u. a. Anklage erhoben, wurden alle Vorwürfe zusammengefaßt unter dem einen Punkt der „Verschwörung zum Kreditbetrug“.((Alle sieben Angeklagten wurden des ersten Vorwurfs der „Verschwörung zum Kreditbetrug“ angeklagt. Unter diesem Punkt der Verschwörung zum Kreditbetrug gab es elf verschieden verteilte, weitere „schwerwiegende Anklagepunkte“, die sich für alle Angeklagten zusammen auf insges. 294.000 Dollar addierten, sowie einen weiteren, nachgeordneten Punkt, den obstrusen („Klein-Verschwörung“) Anklagepunkt des „Versuchs, die Arbeit der Steuerbehörden zu behindern und erschweren“; letztere Anklage lautete nur gegen den Autor. Mehrere Anträge wurden gestellt, den „Steuerpunkt“ abzutrennen, doch die Anklage beharrte darauf, dieser letzte Punkt gehöre untrennbar zu dem ersten.)) Dabei ging es einzig und allein um die Kredite, welche die drei Verlage nicht zurückzahlen konnten.
Aber nicht nur die Anschuldigungen im Prozeß in Alexandria waren falsch; hinzu kam noch die schamlose Korruption des vorsitzenden Richters Albert V. Bryan. Dieser Prozeß in Alexandria ist somit ein Beispiel für die weit verbreitete politische Korruption im heutigen amerikanischen Rechtswesen: ein Fall, wo ein unehrliches Justizministerium und ein politisch korrupter Richter gemeinsam eine falsche Anklage und Verurteilung fabrizierten.
Richter Bryan hatte selbst maßgeblich dazu beigetragen, den politisch motivierten Zwangskonkurs der drei Firmen durch die Regierung erst zu ermöglichen. Mitte 1987 stellte er mit einer Entscheidung de facto sicher, daß die drei aufs Korn genommenen Verlage permanent geschlossen würden, und sorgte auf diese Weise erst für das Ausbleiben der Kreditrückzahlungen, das man den Angeklagten im Prozeß gegen Billington u. a. 1988 zum Vorwurf machte. Bryans Entscheidung trug somit wesentlich zu dem nicht wiedergutzumachenden Schaden für die Firmen und deren Gläubiger bei,((Obwohl die Darlehen nicht für Wahlkampfzwecke gewährt wurden, entsprachen sie in anderer Hinsicht Kampagnendarlehen. Alle relevanten offenstehenden Darlehen der drei Verlage waren politische Darlehen mit günstigen Bedingungen; sie waren oft zinslos, und es kam öfter vor, daß die Rückzahlungstermine in Absprache mit den Gläubigern hinausgeschoben wurden. Mit seiner Entscheidung Mitte 1987 im Konkursverfahren stellte Richter Bryan de facto sicher, daß die drei Verlage betrogen wurden und keines der Darlehen zurückbezahlt wurde, das zum Zeitpunkt des ungesetzlichen Zwangskonkurses durch das Justizministerium am 21. April 1987 ausstand.)) den das von Staatsanwalt Hudson betriebene, rechtswidrige Konkursverfahren in der Folge anrichtete. Dies war derselbe Hudson, der 1988 das „Kreditbetrugs“-Verfahren anstrengte.((Derselbe Henry Hudson spielte als Vorsitzender des U.S. Marshals Service beim Fehlverhalten der US-Regierung im berüchtigten Weaver-Fall eine Schlüsselrolle.))
Die wichtigste der zahlreichen korrupten Entscheidungen Richter Bryans während des Prozesses 1988 war seine in limine-Entscheidung gemäß Art. 403 der Prozeßordnung: Mit ihr schloß er alle Beweisanträge von der Verhandlung aus, welche die alleinige Verantwortlichkeit der Regierung für den Zwangskonkurs oder sein eigenes Zutun bei der Verhinderung der Kreditrückzahlung betrafen. Im übrigen offenbarte sich Richter Bryans Charakterlosigkeit unübersehbar, als er im Rahmen einer habeas corpus-Beschwerde in dem Fall in einem ganz entscheidenden Punkt „das Blaue vom Himmel herunterlog“.((Bei der Festsetzung des Strafmaßes erklärte Richter Bryan in seiner Antwort auf die Aussage des Angeklagten Edward Spannaus: „Obwohl die Verteidigung in dem Fall nicht weiter darauf einging, haben die Angeklagten wiederholt, und bezüglich einiger Zeugenaussagen, die Idee aufgebracht, dies wäre ein politisch motiviertes Verfahren. Ich weise das als heillosen Unsinn zurück. Der Gedanke, diese Organisation wäre eine so große Bedrohung für irgendetwas, daß die Regierung veranlaßt sein könnte, ein Verfahren anzustrengen, um sie zum Schweigen zu bringen, widerspricht einfach jeder menschlichen Erfahrung.“ (Zitiert in Railroad!, S. 515-516.) Im Vorverfahren waren Bryan mehrere Anträge vorgelegt worden, in denen die Angriffe auf den Angeklagten LaRouche in führenden amerikanischen und ausländischen Nachrichtenmedien ausführlich dokumentiert waren, aber Bryan verweigerte die Zulassung dieser relevanten Beweise. Bryan schloß auch die ähnlich massive Dokumentation aus Gerichtsakten und anderen Quellen für relevante politische Operationen, die die Regierung und mit ihr verbündete Stellen gegen LaRouche betrieben hatten, vom Verfahren aus. Im Prozeß hatte Bryan Zeugenaussagen über die Bedeutung von LaRouches Arbeit mit dem Nationalen Sicherheitsrat der Regierung Reagan in den Jahren 1982-84 gehört, sowie relevante Zeugenaussagen hochrangiger Vertreter anderer Nationen. Entweder war Richter Bryan nicht Herr seiner Sinne, oder er sagte offen die Unwahrheit und seine Lügen waren ihrer Natur nach politisch motiviert.))
Die politische Natur der Strafverfolgung in diesem wie auch im Anschlußverfahren gegen Billington im Commonwealth von Virginia läßt sich bis 1982-83 zurückverfolgen und dokumentieren. Damals hatten der ehemalige Außenminister Henry Kissinger und eine mit ihm verbündete Fraktion in der Regierung Reagan unter dem Vorwand des Schutzes nationaler Sicherheitsinteressen eine politisch motivierte Operation gegen den Autor und seine Mitarbeiter in die Wege geleitet. Einen wichtigen Part spielten dabei Kissingers Anhänger in der Abteilung für Verbrechensbekämpfung des Justizministeriums((Die Stellv. Justizminister (Deputy Assistent Attorney-General) John „Jack“ Keeney und Mark Richard u. a.)) und in der mit dem organisierten Verbrechen zusammenhängenden Clique um Roy Cohn. Diese Operationen begannen im Januar 1983 und dauern bis heute in den juristischen und Medienangriffen gegen den Autor und seine Freunde an. Alle – oder zumindest fast alle – aktenkundigen Fälle solcher Angriffe in der Zeit von 1982-88 und der damit einhergehenden politischen Korruption von Regierungsstellen wurden Richter Bryan zur Kenntnis gebracht, die Akten waren ihm und allen zuständigen Bundesgerichten jederzeit zugänglich.((Als Resultat einer Geheimdienstoperation, die auf Veranlassung von Henry Kissinger im Januar 1983 begonnen worden war, liefen alle auf nationaler, regionaler oder internationaler Ebene gegen LaRouche gerichteten Maßnahmen außerhalb der allgemein anerkannten gesetzlichen Grenzen ab. Teilweise benutzte man dazu dieselben Einrichtungen, die schon seit dem Januar 1974 gegen die späteren Angeklagten eingesetzt wurden; damals wollte die New York Times die Rolle des FBI bei einer Operation verschleiern, mit der, wie aus einem später veröffentlichten amtlichen FBI-Dokument hervorgeht, LaRouche „eliminiert“ werden sollte. Kurz nach der Initiative von Kissingers Freunden im Januar, spätestens ab April 1983, bildete sich eine Arbeitsgruppe aus Vertretern verschiedener privater und offizieller Institutionen, die auf die spätere Anklage von Alexandria im Oktober 1988 hinarbeitete. Zu dieser Gruppe gehörte der New Yorker Privatbankier John Train, ein Freund der Familie Jimmy Goldsmiths. Ab dem Zeitpunkt bis 1989 waren ferner auch die Anti-Defamation League (ADL) beteiligt, das Wall Street Journal, NBC-TV News, der Reader‘s Digest, der Apparat des Roy M. Cohn (einschließlich seines Schützlings Dennis King), die Kreise um Richard Mellon-Scaife, Associated Press und verschiedene andere Gestalten aus der „Geheimdienstwelt“. Dazu kamen Abteilungen der Vereinigten Stabschefs, u. a. mit „Iran-Contra“-Akteuren wie Oberstleutnant Oliver North aus Mena/Arkansas und Generalmajor (i.R.) Richard Secord. Der berüchtigte Ollie North arbeitete persönlich gegen Michael Billington – eine der vielen Tatsachen, die den Geschworenen aufgrund der Direktiven des korrupten, geheimdienstnahen Richter Bryan niemals zu Ohren kamen.))
Wenn man weiter alle vorhandenen Unterlagen über verdeckte Operationen von Kissingers Außenministerium, dem FBI und anderen auf nationaler und internationaler Ebene gegen den Autor und seine Mitarbeiter seit 1968 berücksichtigt – einschließlich eines amtlich dokumentierten Komplotts des FBI im Jahre 1973, den Autor durch die Kommunistische Partei der USA „eliminieren“ zu lassen –, dann liegt die besondere Bedeutung des sogenannten „Falls LaRouche“ darin, daß es, wie der frühere US-Justizminister Ramsey Clark formulierte, der bislang „durchdringendste“ Fall dokumentierten Unrechts der Regierung ist.((Vor einem unabhängigen Gremium internationaler Juristen erklärte Clark im September 1994, daß der Fall LaRouche „eine größere Vielfalt von Gerissenheit und systematischem Fehlverhalten über einen längeren Zeitraum mit der ganzen Machtfülle des Regierungsapparates darstellt, als dies meines Wissens je bei einer anderen Anklage der US-Regierung vorgekommen ist“.))
Die außergewöhnliche nationale und internationale Bedeutung der Korruption des Justizministeriums in den sog. „LaRouche-Fällen“ läßt sich besser verstehen, wenn man die Verbindung zu anderen Fällen betrügerischen Vorgehens des US-Justizministeriums zieht: die Aktivitäten des Büros für Sonderermittlungen (Office of Special Investigations – OSI) und die rassistisch motivierte gezielte Verfolgung gewählter schwarzer Volksvertreter auf Bundes- und Landesebene. Unter den OSI-Fällen sind der Fall des Autoarbeiters John Demjanjuk aus Cleveland und der weniger bekannte, aber ähnlich gelagerte Fall des ermordeten Tscherim Soobzokov besonders erwähnenswert.
In den Fällen Demjanjuk und Soobzokov wie auch in den LaRouche-Fällen koordinierte das OSI 1978-79 seine Aktionen gegen die Zielpersonen mit dem Büro der demokratischen Abgeordneten Elizabeth Holtzman aus New York. Sie war eine der Hauptbefürworterinnen eines Gesetzes, das ein schon von Außenminister Henry Kissinger geplantes Arrangement in die Wege leiten sollte. 1978-79 waren mehrere amerikanische Staatsbürger über diesen mit Holtzman verbundenen schmutzigen politischen Kanal betrügerischen Verfolgungen ausgesetzt. In den Fällen Soobzokov und LaRouche geschah dies über die ausnehmend schmutzige New York Times. Hätte Soobzokov nicht Beweise gegen den New York Times-Journalisten Howard Blum gehabt, die zeigten, daß bestimmte Behörden gefälschte Dokumente vom sowjetischen KGB besorgt hatten, dann hätte man ihn genauso angeklagt wie Demjanjuk, gegen den das Justizministerium auf dieselbe Art „Beweise“ fabriziert hatte.
Die Bemühungen der New York Times 1979, einen von den Massenmedien getragenen Schauprozeß gegen LaRouche zu fabrizieren, mußten zeitweise abgebrochen werden, als Howard Blum und Paul Montgomery von der NY Times gegenüber ermittelnden Journalisten auf Tonband die Einzelheiten der Zusammenarbeit zwischen der Times und Holtzman ausplauderten. Diese Entlarvung veranlaßte die NY Times, das geplante Vorgehen gegen den Autor, mit dem Ziel seiner ungerechtfertigten Strafverfolgung, zeitweilig einzustellen. Die NY Times tummelte sich in der Folge auf Seitenschauplätzen, die der berüchtigte Roy M. Cohn und die von ihm kontrollierte Gazette Our Town beherrschten, alles in enger Abstimmung mit der Anti-Defamation-League (ADL).
Soobzokov wurde später im Gefolge einer gegen ihn von der ADL inszenierten Haßkampagne ermordet; der Mord im Stil eines Terroranschlags geschah in einer aufgebrachten Lynchatmosphäre, nachdem Soobzokov ein Zivilverfahren gegen die New York Times und andere gewonnen hatte. Die Operationen der NY Times und Cohns gegen LaRouche von 1979-80 gingen 1982-83 als integraler Bestandteil von Kissingers Initiative gegen den Autor und seine Mitarbeiter weiter. In diesen Gesamtzusammenhang gehört auch die betrügerische Operation des OSI und anderer korrupter Abteilungen des Justizministeriums gegen den österreichischen Bundespräsidenten und ehemaligen UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim Mitte der 80er Jahre.
Unter den OSI-Fällen in der korrupten Abteilung für Verbrechensbekämpfung des Justizministeriums (unter den Stellvertretenden Staatsanwälten John „Jack“ Keeney und Mark Richard) ragt der Fall Demjanjuk hervor: Einmal, weil er so ungeheuerlich ist, aber auch, weil Bundesgerichte im Fall Dejanjuk die Abteilung für Verbrechensbekämpfung als ein Zentrum übelster politischer Korruption öffentlich bloßgestellt haben. Die Akten belegen, daß die Abteilung für Verbrechensbekämpfung von 1978 bis Anfang der 90er Jahre zu jedem Zeitpunkt genau wußte, daß Demjanjuk die ihm zur Last gelegten Verbrechen nicht begangen hatte, und trotzdem seinen Tod wollte. Und sie weigert sich bis zum heutigen Tage einzugestehen, daß der Fall von Anfang bis Ende ein Betrug war, obwohl das Ministerium in einer bahnbrechenden Entscheidung (des Sixth Circuit Court) der „Irreführung des Gerichts“ schuldig befunden und der Berufungsantrag des Ministeriums gegen diese Entscheidung vom Obersten Gerichtshof abgelehnt wurde.((Siehe die Aussage des israelischen Demjanjuk-Anwalts Yoram Sheftel vom 1. September 1995, in: Independent Hearings To Investigate Misconduct by the U.S. Department of Justice, Schiller Institute, Washington, Oktober 1995 (dt. Übersetzung a.a.O.).))
Das offenkundig rassistische Verhalten des FBI und der Abteilung für Verbrechensbekämpfung in der sogenannten „Operation Frühmenschen“, mit der gegen gewählte Afro-Amerikaner vorgegangen wurde,((Ebenda.)) läßt das ganze Ausmaß politischer Korruption im heutigen amerikanischen Justizwesen spüren. Ein abschließender Blick auf den allgemeinen Zustand vervollständigt den Nachweis, daß im Rechtswesen der Vereinigten Staaten weitverbreitete Korruption herrscht.
Als Nebeneffekt davon, daß der Autor Opfer politischer Korruption im Justizministerium wurde, verfügt er über eine bedeutende, wenn auch partielle Einsicht in das Ausmaß des Unrechts, welches die Bundesanwälte und Gerichte begehen.
Der Autor kann zwar aus eigener Erfahrung bezeugen, daß 95 Prozent oder mehr der Insassen amerikanischer Bundesgefängnisse offensichtlich schuldig waren. Aber die wenigsten von ihnen wurden in Verfahren verurteilt, die den Namen „rechtmäßig“ verdient hätten. Nicht Gerechtigkeit, sondern öffentlichkeitswirksame „Erfolgsmeldungen“ der Staatsanwälte und Gerichte waren bei den meisten zu beobachtenden Verurteilungen das leitende Motiv, insbesondere unter den verrückten „Bestrafungs-Richtlinien“ der Gesetze. Korrupter „Geständnishandel“ (plea-bargaining, Aushandeln von Strafnachlässen für Teilgeständnisse und Ähnliches) half skrupellosen Staatsanwälten Punkte für die Karriere zu sammeln, half aber auch den „großen Fischen“ zu entkommen, wenn „kleine Fische“ an ihrer Stelle langjährige Haftstrafen verbüßen. Die Bestrafungs-Richtlinien und die Einstellung praktisch aller sinnvollen Rehabilitierungsprogramme des Bundes haben die schlimmsten Auswirkungen auf die Familien und auf das Umfeld, aus denen die verurteilten „kleinen Fische“ stammen.
Man könnte bezüglich des gegenwärtigen Zustands der Strafjustiz den Schluß ziehen, daß die Bürger der Vereinigten Staaten, angesichts des nach 1974 massiv in die Höhe geschnellten Anteils der auf Bundes- und Landesebene Verurteilten zur Gesamtbevölkerung, entweder das kriminellste Volk der Erde geworden oder das mit dem korruptesten Justizwesen geschlagene Volk sind. Der Autor ist der Meinung, daß beide Annahmen mehr als ein Körnchen Wahrheit enthalten. Denn die Vermischung der nach 1963 verbreiteten Drogenkultur mit dem auf dem Boden der Armut gedeihenden Kulturpessimismus, hat zu einem Anstieg der Kriminalität geführt, und gleichzeitig hat die Korruption im Strafjustizwesen den drogenverseuchten Pessimismus und die Neigung zur Kriminalität noch weiter verstärkt.
Nichts trägt mehr zur ansteckenden Verbreitung krimineller Anlagen bei als der Eindruck „Es gibt ja doch keine Gerechtigkeit, wie man‘s auch macht.“
Wenn also irgendein Demagoge, der eine Wahl gewinnen will, davon schwatzt, man müsse „das Gesetz hochhalten“, so sollte man ihn fragen: „Welches Gesetz? Wessen Gesetz?“ Wie kann man salbungsvoll über das „Gesetz“ sprechen, wenn Newt Gingrichs Vertrag gegen Amerika „per Gesetz“ den Weg für eine Politik ebnet, die es „legal“ ermöglicht, sich der „nutzlosen Esser“ – wie es bei den Nazis hieß –, also der ungewollten Kinder, Alten, unheilbar Kranken zu entledigen? Genauso „legal“ wie bei den Nazis in den 30er Jahren, und wie heute von Ex-Gouverneur Richard Lamm von der Reform-Partei vorgeschlagen?
Das heutige amerikanische Recht stinkt förmlich nach Korruption. Und man fragt sich, was schlimmer ist: die Fahrlässigkeit, mit der die Parlamente Gesetze verabschieden, oder die Art und Weise, wie Staatsanwaltschaft und Gerichte sie handhaben? Wer ist ein ehrenhafter Bürger und wer ist ein Verbrecher? Heutzutage kann die Antwort abhängen von einer Laune des Gesetzgebers, einem korrupt-ehrgeizigen, politisch motivierten Staatsanwalt oder einem Gericht, das vergessen hat, was „Gesetz und Recht“ einmal bedeutet haben.
Wessen Gesetz sollen wir gehorchen?
Wer soll unsere Nation und ihre Bürger vor solch einem korrupten Justizsystem schützen? Von der praktischen Seite gesehen, müssen der Präsident und der Kongreß gemeinsam die ihnen zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen: Man braucht gemäß der Verfassung zwei Gewalten unserer Bundesregierung, die mit Unterstützung der Bürger die dritte Gewalt in Ordnung bringen. Der Präsident kann mit Unterstützung des Kongresses die gegenwärtigen Mißstände im Justizsystem beseitigen; beide gemeinsam können die Bundesgerichte wieder in Ordnung bringen. Die Geschichte unseres Landes hat bewiesen, daß es besser geht, wenn diese Hürden erst einmal genommen sind.
Aber um den Blick des Präsidenten, der Gesetzgeber und der Bürger für diese Dinge zu schärfen, bedarf es der Hilfe von Staatsmännern und Philosophen. Die Äußerungen des Autors an dieser Stelle sind zu verstehen als die eines Staatsmanns und Philosophen in derselben Tradition von G. W. Leibniz, auf die sich auch unsere Unabhängigkeitserklärung von 1776 und die Verfassung von 1789 gründen.
Wir unterbreiten und untersuchen die These, daß die Wurzel der allgemeinen Korruption des amerikanischen Rechts- und Justizsystems sich fast ausschließlich auf die Popularität gerade jener Rechtsphilosophie – des Empirismus John Lockes – zurückführen läßt, gegen die die Vereinigten Staaten einst gegründet wurden. Richter Antonin Scalias Verteidigung eines solchen Empirismus, mit Scalias gewohnter Cleverness, wirft Licht auf die verbreitete moralische Verkommenheit im heutigen Justizwesen.
In einer kürzlich veröffentlichen Erklärung verteidigte Richter Scalia die gegenwärtig weitverbreitete Korruption. Er suchte solche unmoralischen Praktiken in Gesetzgebung und Justiz damit zu rechtfertigen, sie seien „demokratisch“:
„Ich weiß nicht, wie man auf der Basis einer demokratischen Theorie argumentieren kann, die Regierung habe eine moralische Verpflichtung, etwas zu tun, was das Volk nicht will.
Wenn das Volk beispielsweise die Abtreibung will, sollte der Staat sie in einer Demokratie zulassen. Wenn das Volk sie nicht will, sollte der Staat andererseits imstande sein, sie zu verbieten…
Über das Naturrecht zu reden, heißt nicht, von etwas zu sprechen, über das wir uns alle einig sind.“((„Scalia sagt, der Staat sollte Abtreibung zulassen, wenn die Mehrheit dafür ist“, John Travis, Arlington Catholic Herald, Arlington/Virginia, 16. Mai 1996, S. 12. Die entsprechende Bemerkung machte Scalia während einer Konferenz der Gregorianischen Universität in Rom am 2. Mai.))
Mit dieser Argumentation beruft sich Scalia auf eine Rechtsphilosophie, die sich auf einen noch radikaleren Positivismus gründet, als es das unrühmliche Rechtswesen in Deutschland vor dem Zweiten Weltkrieg unter Adolf Hitler je tat. Das Nazi-System eines Carl Schmitt et. al. ging zurück auf die romantische Historische Rechtsschule des Hegel-Anhängers und Neo-Kantianers Professor Karl Savigny, aber Scalias Argument bedeutet einen noch radikaleren barbarischen Rechtspositivismus; denn hier findet man das irrationale Dogma „Leben, Freiheit und Besitz“ des Engländers John Locke vereint mit der moralischen Indifferenz des von Hayek so verehrten Bernard Mandeville.((Diesen Vergleich zwischen dem Radikalpositivismus im Recht der Nazis und dem John Lockes zog Anfang 1989 einer der führenden europäischen Rechtsexperten, Prof. Friedrich von der Heydte, der auch auf die beinahe exakte Parallele zwischen dem politisch motivierten Verfahren gegen LaRouche, Billington u. a. in Alexandria und der politisch motivierten Verurteilung von Oberst Dreyfus in Frankreich hinwies.)) So gesehen könnte sich Scalia um den Woodrow-Wilson-Preis von Nashville bewerben: Lockes Doktrin, der Scalia sich anschließt, wurde von den Konföderierten und vom Ku-Klux-Klan übernommen – der Klan, den Wilson und Hollywoods Sam Goldwyn verherrlichten, um die Institution der Sklaverei zu verteidigen.((Die Hollywood-Mogulen Samuel Goldwyn und Louis Mayer, später bekannt als Metro-Goldwyn-Mayer, sorgten für die Herstellung und den Vertrieb des ersten abendfüllenden Hollywood-Films, der unter dem Titel Der Klansmann veröffentlicht und später in Geburt einer Nation (Birth of a Nation) umbenannt wurde. Präsident Woodrow Wilson sah den Film im Weißen Haus an und lobte ihn. Wilsons Unterstützung war das Signal für die Wiederbelebung des Ku-Klux-Klan, der im Laufe der 20er Jahre auf schätzungsweise viereinhalb Millionen Mitglieder anwuchs.))
Der Hinweis auf John Lockes korrumpierenden Einfluß auf die Gesetzgebung und Rechtspraxis des englischsprachigen Nordamerika erinnert uns daran, daß die von Scalia vertretene Rechtsdoktrin immerhin Jahrhunderte zurückreicht. Dennoch muß man gerade den Ku-Klux-Klan besonders erwähnen: Das heutige Problem im amerikanischen Recht, für das Scalias Äußerungen symptomatisch sind, geht zurück auf den Verfall des Bundesjustizsystems, der besonders auffällig wurde, als der Ku-Klux-Klan-Mann Hugo Black die schwarze Robe eines Richters am Obersten Gerichtshof über seine weiße Klan-Robe zog.
Wie könnte es auch anders sein? Amerikanische Tendenzen zum Faschismus wurzelten schon immer in romantischen Erinnerungen an die „verlorene Sache“ der Konföderierten oder ähnlichem Denken. Man könnte auch von einem „Nashville-Romantizismus“ sprechen: Jeder ist seine eigene verlorene Sache. Typisch dafür ist die Lynchmob-„Demokratie“ in der populistisch-fanatischen Tradition des „Ich stimme dafür, ihn aufzuhängen“, die sich über den Konföderierten-General und Ku-Klux-Klan-Führer Bedforst Forrest bis zum politischen Schauprozeß und der Hinrichtung des Sokrates in Athen zurückverfolgen läßt.((Die Lynchmob-Demokratie macht nicht nur afro-amerikanische Sündenböcke zu ihrem Götzenopfer. Im Verlauf der Vorwahlkampagne 1996 nahm der Autor als demokratischer Präsidentschaftskandidat an verschiedenen „Kandidaten-Vorstellungen“ teil und war dabei auch Zeuge der Aussagen von Kandidaten für Ämter als Strafrichter oder Staatsanwälte. Bemerkenswert und abstoßend war die Häufigkeit, mit der Rivalen denunziert wurden, weil sie „nach ihrem Gewissen und nicht nach der öffentlichen Meinung urteilten“ – das ist ebenso offene Lynch-Justiz wie einige Urteile des Obersten Gerichtshofs, an denen Richter Scalia beteiligt war.)) Für die schlimmste pro-faschistische Tendenz in der heutigen amerikanischen politischen Szene, Newt Gingrichs „Monster Company“ im Kongreß, sind populistische ehemalige Demokraten typisch, etwa Phil Gramm aus Georgia, den die Republikaner im Rahmen ihrer rassistischen Politik zur Übernahme der Südstaaten („Southern Strategy“) billig aufkauften. Der sogenannte „Demokrat“ Hugo Black ist der Vorläufer der „demokratischen“ Lynchjustiz, die man von den heutigen radikalen „neo-konservativen“ Anhängern John Lockes erwarten muß.
Die Frage von Kirche und Staat
Wie kommt es, daß anscheinend so viele Amerikaner den stechenden Geruch dieser unzivilisierten Horrorfilm-Monster „Critters“ nicht wahrnehmen?
Wenn man die Rolle des Obersten Richters Hugo Black bei der Wegbereitung für den heutigen Verfall von Gesetzgebung und Justiz in Amerika untersucht, fallen zwei dringende Fragen auf. Die oberflächlichere davon ist Blacks Eintreten für eine Trennung nicht nur der Kirche, sondern auch der christlichen Moral von der staatlichen Gesetzgebung, wobei letzteres auch Jefferson in Abweichung von der amerikanischen Verfassung vertreten hatte. Tiefer reicht die Frage: Wenn Black verfassungsrechtlich axiomatisch im Irrtum war, und das war er, nach welchem Maßstab sollen wir dann beurteilen, ob der hier maßgebliche Verfassungsgrundsatz überhaupt korrekt war?
Beginnen wir zunächst an der Oberfläche: Hugo Blacks Beharren darauf, die Bill of Rights schreibe eine absolute Trennung von Kirche und Staat vor. Black beruft sich hierbei auf Jefferson. Hatte Black bezüglich Jeffersons Ansicht recht? Ja. Blacks Betrug beruht auf einem doppelten Taschenspielertrick: Er setzt die Absicht eines der Autoren der Bill of Rights, Jefferson, der ein radikaler Gegner des Föderalismus war, an die Stelle der Absicht von Jeffersons Widersachern, die sich bei der Verabschiedung der Verfassung über dessen Einwände hinwegsetzten.((Hugo Blacks von Jefferson geprägte Lesart der amerikanischen Verfassung wird gestützt von der revisionistischen Geschichtstheorie des in England ausgebildeten Sozialisten Charles Beard. In seinen giftigen Schmähschriften gegen die Formulierung der Verfassung 1787-89 imitiert Beard Jeffersons Widerstand gegen den Föderalismus.))
Wie der Historiker Phil Valenti und andere dokumentiert haben, beriefen sich die amerikanischen Patrioten der Verschwörung nach 1688, die zum Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg von 1776-83 hinführte, ausdrücklich auf Gottfried Leibniz, und lehnten John Locke, welchen Jefferson und dann die Konföderierten zum Vorbild nahmen, ab.((Siehe Phil Valenti, „The Anti-Newtonian Roots of the American Revolution“, in EIR, 1. Dezember 1995. Über die Ursprünge und Gründung dieser amerikanischen Verschwörung siehe H. Graham Lowry, How the Nation Was Won, EIR, Washington 1987. Über die historischen Wurzeln der fraktionellen Trennung zwischen Patrioten und den Tories Nordamerikas siehe Anton Chaitkin, Treason in America, 2. Ausgabe, New Benjamin Franklin House, New York City 1986.)) Dies äußert sich darin, daß in der Unabhängigkeitserklärung von 1776 ausdrücklich von „Leben, Freiheit und dem Streben nach Glück“ die Rede ist und nicht wie bei John Locke von „Leben, Freiheit und Besitz.“((Siehe G. W. Leibniz, Sozietät und Wirtschaft, in: Leibniz, Sämtliche Schriften und Briefe, Hrsg. Preußische Akademie der Wissenschaften, Berlin, Politische Schriften, R. 4, Bd. 1, 1931). Neuerlich als Anhang veröffentlicht in: Christentum und Wirtschaft, Dr. Böttiger Verlags-GmbH, Wiesbaden 1992. Siehe auch G. W. Leibniz, Neue Abhandlungen über den Menschlichen Verstand, Felix Meiner Verlag, Hamburg 1971. Zu Leibniz‘ Gebrauch des Begriffs „Glückseligkeit“ s.u.))
Die Federalist Papers veranschaulichen diesen Punkt ebenso wie Tom Paines Warnung davor, die Demokratie als Ersatz für republikanische Rechtsprinzipien zu benutzen: Die Gründer unserer Republik gingen von einem Geschichtsbegriff aus, der im klassischen Griechenland verwurzelt ist. Andererseits haben unsere Patrioten im 18. Jahrhundert voll bitterer Erinnerungen und tiefer Ängste die Lehren aus den von Venedig gesteuerten, zerstörerischen Religionskriegen des 16. und 17. Jahrhunderts gezogen.((Zum einen waren der Plantagenet Kardinal Pole und Thomas Cromwell, wie Francesco Zorzi, von Venedig eingesetzte Agenten in Tudor-England. Auch der lange Befreiungskrieg der Niederlande ist ein bekanntes Beispiel. Der Konflikt, den der mächtige Venezianer Paolo Sarpi geschürt und der Märtyrer Heinrich IV. von Frankreich noch einmal aufgeschoben hatte, wurde zum „Dreißigjährigen Krieg“ 1618-48. Als der Dreißigjährige Krieg nach England hinüberwirkte, nahm der dortige Religionskrieg eine neue Dimension an.)) Und sie waren sich einig in ihren Überlegungen bezüglich der blutigen Geschichte der englischen Staatskirche. Kurz, die Gründerväter waren den axiomatischen Werten der westeuropäisch-christlichen Zivilisation zutiefst verpflichtet, wandten sich aber mit Besorgnis gegen eine Staatskirche.((Damit wird implizit untersagt, daß Reeds sogenannte „Christliche Koalition“ sich die Funktion einer „Staatskirche“ anmaßt. Reeds heuchlerische Truppe mag vorgeben, ungeborenes Leben zu verteidigen, doch wenn es um das Leben schwangerer Mütter oder alter Menschen geht, ist ihre Einstellung ebenso wie die der Anhänger von Oliver Norths und Newt Gingrichs „Contract on Americans“ indifferent, ja sogar mörderisch. Manche mögen die zitierten patriotischen Ansichten über eine „Staatskirche“ als Echo der „Konzilsbewegung“ des frühen 15. Jahrhunderts vor dem Florentiner Konzil interpretieren; aber der ökumenisch denkende Gottfried Leibniz und seine Anhänger haben die demokratischen Begriffe der „linken“ „Konzils“-Tradition nicht unterstützt.))
Bei ihrem Bemühen um eine Lösung der miteinander zusammenhängenden Probleme von Staatskirche und Religionskriegen ließen sich die Gründerväter der USA vor allem vom ökumenischen Denken G. F. Leibniz‘ leiten. Danach sollte der Staat keiner sektiererischen Doktrin irgendeiner bestimmten Kirche unterliegen, wohl aber den moralischen Prinzipien des Naturrechts. Auf Grundlage dieses Gedankens verabschiedeten die Gründerväter, gegen Jeffersons Einwände, die Bundesverfassung.
Der grundsätzliche Irrtum in den Lehren eines Hugo Black oder Antonin Scalia ist vor diesem Hintergrund zu bewerten.
Das Naturrecht besteht aus jenen moralischen Prinzipien, einschließlich des Gottesbegriffs und der Beziehung zwischen Gott und dem Menschen, die man mit wissenschaftlicher Sicherheit beweisen könnte, auch wenn nie eine religiöse Schrift geschrieben worden wäre. Verschrobene fanatische Sektierer lehnen diesen Begriff des „Naturrechts“ oft als angeblichen „Deismus“ ab, als Angriff auf mystische Ansprüche, die zur Doktrin dieser oder jener selbsternannten „Offenbarungsreligion“ gehören.((Im Gegenteil stützt sich die apostolisch-christliche Tradition auf die Autorität von Platons Naturrechtsbegriff, wie das Johannesevangelium und die Paulus-Briefe für jeden, der lesen kann, belegen. Das Christentum gründet sich nicht auf die simple symbolische Auslegung von Bibeltexten, sondern auf jene Wahrheiten der christlichen Lehre, die der Vernunft nicht widersprechen. Anders als der verrückte Nostradamus-Kult beruht das Christentum nicht auf der „magischen“ Deutung einer scheinbaren Prophezeiung, sondern auf seiner Autorität als etwas gemäß dem Vernunftprinzip nachweislich Wahres. Dem Staat darf auf keinen Fall ein irrationaler Glaube an Wunderrezepte, wie er mit vielen Sekten und Kulten einhergeht, aufgezwungen werden; das heißt aber nicht, daß Hugo Blacks Kult eines anti-christlichen Säkularismus‘ das Naturrecht, welches die Vernunft in der christlichen Moral verankert wiederfindet, ersetzen sollte.)) Niemand hat für die Gründer unserer Republik das Prinzip des Naturrechts klarer dargelegt als Leibniz. Wie Leibniz erkannten die Kreise um Cotton Mather und Benjamin Franklin, daß das neuzeitliche westeuropäische Modell der nationalstaatlichen Republik anderen gesellschaftlichen Organisationsformen überlegen war, weil es – wie das schon der Hl. Augustinus von Hippo gefordert hatte – christliche Prinzipien auf die Staatsentwürfe eines Solon oder Plato anwendete. Entsprechend sahen sie das Miteinander eines säkularen Naturrechts und des Christentums.((Obwohl das Naturrecht wahrscheinlich nicht alles einschließt, was die unterschiedlichen Fraktionen des Judaismus und Islam als Gesetz festgelegt sehen wollen, würde dennoch keine führende Strömung des mosaischen Monotheismus die Autorität des Naturrechts leugnen, wenn dieses, etwa im westlichen Christentum, kompetent definiert ist. Somit ist eine Republik wie die der Gründerväter der USA wirklich eine angemessene Wohnstatt für jeden Zweig mosaischen Monotheismus‘. Wie Leibniz betont, schließt diese Ökumene implizit auch das Erbe des Konfuzius und Menzius in China mit ein.))
Wer also der Forderung Hugo Blacks, Antonin Scalias u. a. nach der heidnischen Trennung von Kirche und Staat nachkommen will, der müßte folgerichtig auch die Grundannahme aufgeben, es existierte eine belegbare axiomatische Autorität moralischer Prinzipien, die mit denen des Christentums übereinstimmen. Scalia beispielsweise hat genau diesen Schluß aus seiner radikal-positivistischen Verdrehung der „Demokratie“ gezogen. Er betont, er sei bereit hinzunehmen, daß eine christliche Meinung eine demokratische Mehrheit der Gesetzgeber überzeugen kann, nicht aber, ein dem Recht innewohnendes, axiomatisches Moralprinzip anzuerkennen. In dieser Hinsicht ist Scalia Neo-Cartesianer, ein extrem ausgerichteter Radikalpositivist.
Leibniz‘ Kommentare über Artikel 37 und 39 des ersten Teils von René Descartes‘ Prinzipien unterstreichen das Argument.((Seit dem klassischen Griechisch Platons, das in den Paulus-Briefen übernommen wurde, unterscheidet man im Sprachgebrauch zwei Gemütszustände. Eros (erotische Leidenschaft), sowohl in sexueller als auch in anderer Bedeutung, bezieht sich auf die Leidenschaften, die mit bestimmten Objekten der Sinneswahrnehmung (sei sie real oder nur vorgestellt) in Verbindung gebracht werden. Agape, im Lateinischen gewöhnlich mit caritas, in der King James-Bibel mit charity übersetzt, beschreibt für Platon die Qualität der Liebe zur Wahrheit und Liebe zur Gerechtigkeit. Der Begriff bezeichnet auch „Liebe zu Gott“, „Liebe zur Menschheit“ sowie Ideen, die im Gegensatz zu den direkt erfahrbaren Sinnesobjekten nur als platonische Ideen wissenschaftlicher Erkenntnis existieren. Agapische Leidenschaft muß also als Leidenschaft für die Wahrhaftigkeit der Vernunftprinzipien von den erotischen Leidenschaften des reinen Materialismus und Empirismus unterschieden werden. Der weitere Text liefert einschlägige Bezüge zur naturrechtlichen Bedeutung dieser Unterscheidung.))
Auf Descartes „37. Die höchste Vollkommenheit des Menschen besteht in der Macht des freien Willens, und dieser ist es, der ihn rühmens- oder tadelnswert macht“ antwortet Leibniz wie folgt:
„Zu Artikel 37: Die höchste Vollkommenheit des Menschen besteht nicht nur darin, daß er frei, sondern daß er ,vernunftgemäß‘ handelt. Oder vielmehr, beides ist dasselbe, da man umso freier handelt, je weniger der Gebrauch der Vernunft durch den Ansturm (erotischer, d. Verf.) Affekte getrübt wird.“
Auf Descartes‘ „39. Daß wir unseren freien Willen ohne Beweis kennen, nur dadurch, daß wir ihn erfahren“ antwortet Leibniz:
Zu Artikel 39. Die Frage, ob unserem Willen Freiheit zukommt, bedeutet eigentlich nichts anderes, als ob ihm ,Wollen‘ zukommt. Die Ausdrücke ,frei‘ und ,willensgemäß‘ besagen dasselbe. Denn Freiheit ist vernunftgemäße Selbsttätigkeit, ,wollen‘ aber ist eine Bestimmung zum Tun durch einen verstandesmäßig erfaßten Grund. Je reiner aber der Beweggrund ist, um so weniger die Macht des rohen und verworrenen Eindrucks in ihm mitwirkt, umso freier ist die Handlung…“
Für Leibniz wird der Wille des zivilisierten, moralischen Menschen von Vernunftprinzipien regiert, etwa so wie man in der Geometrie Theoreme wählt, die der bestimmenden Hypothese (d. h. Axiome, Postulate, Definitionen) der gewählten Geometrie als Ganzer nicht widersprechen. Mit „Vernunft“ oder „notwendiger und zureichender Grund“ bezeichnet Leibniz, wie Plato und Johannes Kepler vor ihm, wesentlich mehr als eine rein formale Logik. Sein platonischer Vernunftbegriff bezeichnet die Fähigkeit, mit deren Hilfe die Menschheit falsche und unzureichende Axiome, Postulate und Definitionen durch meßbar gültige (d. h. überlegenere, wirksame) andere Vorstellungen des Wirkungsprinzips ersetzen kann.((Sehen wir einmal ab von den nachlässigen Definitionen gewisser vermeintlicher „Autoritäten“, so bezieht sich Leibniz‘ Gebrauch des „notwendigen und zureichenden Grundes“ auf Platons sokratische Hypothesen-Methode. Eine Hypothese ist die zusammenhängende Reihe von Axiomen, Postulaten und Definitionen, die dem widerspruchsfreien Theorem-Gitter (d. h. alle bekannten und möglichen Theoreme, die untereinander durchwegs widerspruchsfrei sind) zugrunde liegt. Die Reihe von Axiomen, Postulaten und Definitionen, die die Bedingungen eines Theorem-Gitters erfüllt, ist eine Hypothese. Nehmen wir beispielsweise irgendeine physikalische Entdeckung, deren Gültigkeit mithilfe experimenteller Messungen bewiesen ist. Nehmen wir dann ein Schlüsselereignis im Rahmen einer physikalischen Geometrie, die im Einklang mit diesem Prinzip steht. In diesem Fall, so argumentiert Riemanns Methode, dient die Hypothese, die das Prinzip verkörpert, als identifizierbarer „notwendiger und zureichender Grund“ für jedes Schlüsselereignis innerhalb dieser physikalischen Geometrie. Klassische Beispiele dafür sind etwa der von Jean Bernoulli und Leibniz demonstrierte Zusammenhang („allgemeine Relativität“) zwischen der Isochronizität im Gravitationsfeld und der Lichtbrechung bei einem konstant verzögerten Potential für die Ausbreitung des Lichts. Das ist typisch für Leibniz‘ verfeinerte Anwendung von Keplers Begriff der „Vernunft“.))
Moral ist somit für Leibniz, wie auch für den Autor, nicht irgendeine Liste von „Erlaubtem“ und „Verbotenem“, die wie die „Ukase“ des Zaren auf dem Marktplatz aufgehängt wird. Die Moral liegt in den erkennbaren Prinzipien unseres Universums (den Axiomen), von denen wir uns bei der Aufstellung und Annahme der Lehrsätze, die uns als Richtlinien für Gebot und Verbot dienen, leiten lassen.
Gewiß war in der allgemeinen Religionspraxis der Gläubige oft ein einfacher Mensch, der davon ausgeht, daß seine Kirche eine solche sinnvolle Auswahl moralischer Lehrsätze als Doktrin erarbeitet hat. Manchmal hat die notwendige höhere Autorität, der er blind folgt, mehr oder weniger Recht. Aber die Tatsache, daß blinder Glaube an höhere Autorität in einigen Fällen Hilfe geben kann, darf nicht als Grundlage für das sophistische Argument dienen, die einer Morallehre zugrundeliegende Autorität wurzele selbst wiederum axiomatisch in blindem Glauben.
Das Unmoralische an Richter Scalias Argumenten zeigt sich am deutlichsten, wenn man seine Auslassungen zur „Demokratie“ im Lichte der cartesianischen Tradition betrachtet, deren Absurdität Leibniz in den oben zitierten Aussagen entlarvt hat. Die von den Gründern unserer Republik verteidigte „Freiheit“ hat nichts gemein mit der „Freiheit“ eines Hobbes, dem Krieg des jeder gegen jeden, wie Descartes, John Locke und Adam Smith meinen.((Adam Smiths Rechtfertigung von Bernard Mandevilles Unmoral des „freien Willens“ erscheint im Druck zum ersten Mal 1759 in seiner Theorie der moralischen Empfindungen, und als Doktrin der „unsichtbaren Hand“ 1776 in der anti-amerikanischen Kampfschrift Der Reichtum der Nationen.)) „Freiheit“ ist kein Freibrief, auf Kosten der Gesellschaft seinen Launen zu frönen. „Freiheit“ ist zugleich Verpflichtung und Recht, vernunftgemäß zu handeln, in dem Sinne, wie die Wissenschaftler Kepler und Leibniz die Begriffe Vernunft und notwendiger und zureichender Grund gebrauchten. Es ist die Pflicht und die Freiheit, so zu handeln, wie es diese Vernunft gebietet, selbst wenn „im Lauf der Dinge der Menschheit“ (Amerikanische Unabhängigkeitserklärung) Ungehorsam gegenüber einer ungerechten politischen oder Finanzobrigkeit angezeigt ist.
Rechtspositivismus, ob in Form von Scalias „Demokratie“-Verständnis oder im anti-demokratischen Gewand der Nazis, ist im Kern immer unmoralisch, eben weil diese Doktrin keine moralische Pflicht kennt, außer wenn es gilt, vorhandenen Verträgen des positiven Rechts, der Ethik oder Kants und Savignys Begriff des Gewohnheitsrechts Gehorsam zu erweisen.((„Custom“ gleich Zeitgeist, Volksgeist.)) Für unglückliche Figuren wie Scalia kann, wie bei den Nazis geschehen, die Einführung eines einzigen willkürlichen Gesetzes die Moral einer ganzen Nation verbindlich verändern. Entsprechend versuchten sich die Massenmörder 1946 vor dem Nürnberger Gerichtshof wegen ihrer Verbrechen gegen die Menschlichkeit mit der Behauptung zu rechtfertigen, sie hätten im Einklang mit den damals gültigen Gesetzen gehandelt. Und genauso rechtfertigten moralisch korrupte Gerichte in den USA das rassistische „Jim Crow“-System der konföderiertenfreundlich gesonnenen Präsidenten Theodore Roosevelt und Woodrow Wilson.
Die Parteigänger des Gouverneurs von Pennsylvania, Tom Ridge, argumentieren heute entlang derselben Linie, um dessen vorsätzliche Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu entschuldigen. Der aus Pennsylvania stammende Nürnberger Ankläger, der Richter am Obersten Gerichtshof der USA Robert Jackson, und der Nürnberg-Richter Nicholas Biddle aus Philadelphia, hielten die Prinzipien hoch, denen zufolge sich Ridge wegen Nazi-Verbrechen schuldig gemacht hat. Insofern sind sich die Rechtsvorstellungen eines Scalia und der Nazis ebenbürtig.
Darin hätten die Gründer unserer Republik dem Autor und Leibniz beigepflichtet: Wer wie Scalia versucht, eine so radikale Trennung zwischen Moral und Gesetz zu vollziehen, würde, wie zuvor schon Hitlers Unterstützer in Deutschland, den raschen Ruin unserer Nation sicherstellen. Eine solche Torheit würde uns alle und unsere Nachwelt notwendig ins Chaos stürzen.
Aus Fairness gegenüber Richter Scalia müssen wir jedem sein Teil zukommen lassen. Es wäre nämlich ebenso falsch, den Staat der abstoßenden Heuchelei von Reeds „Christlicher Koalition“ zu überlassen, die alle Abtreibungen verbieten will, gleichzeitig aber jene „Konservativen“ duldet, die das Aussieben „nutzloser Esser“ fordern (etwa durch den Massenmord an Alten, Kranken und Armen über wirtschaftliche Sparmaßnahmen, um die Freihandelsideologie zu retten). Dann würden wir nämlich exakt die kriminelle, aber gleichzeitig aggressiv pro-natalistische Politik wiederholen, die das mörderische Hitler-Regime in den 30er Jahren begonnen hatte. Die sogenannte Christliche Koalition läßt sich, genau wie Antonin Scalia, nicht von in sich stimmigen moralischen Prinzipien leiten, sondern frönt der „Einzeltheorem“-Sophisterei des selbstgerechten Heuchlers. Man könnte den Verdacht hegen, sie übersähen Hitlers Gaskammern, nur um die Einheitsfront gegen die Abtreibung nicht zu gefährden; zur Zeit gibt es keinen Hitler, um diese These zu untermauern, doch mit Newt Gingrichs „Vertrag auf den Kopf der Amerikaner“ – um der Ware das richtige Etikett aufzukleben – hat Reeds Christliche Koalition einen brauchbaren Ersatz gefunden.
Der Richter Scalia und der Christlichen Koalition gemeinsame Mangel an moralischen Prinzipien findet seinen Ausdruck in ihrer sophistischen Rechtsmethodik; Scalias relativer moralischer Vorteil gegenüber der Christlichen Koalition((Wenn man das bisherige Auftreten des frommen Mister Reed betrachtet, könnte man spekulieren, ob die ursprüngliche „Christliche Koalition“ ein Eß-Club à la Princeton war, organisiert von den Löwen im Colosseum des heidnischen Rom.)) liegt darin, daß er seine Unmoral als solche öffentlich zugegeben hat, während der „Koalition“ Scalias Aufrichtigkeit abgeht.
Vergleichbar den radikalen, landgierigen zionistischen Eiferern, die den israelischen Ministerpräsidenten Rabin ermordeten, demonstriert Reeds Koalition, wie gefährlich es wäre, den Staat dem „Offenbarungsdogma“ heuchlerischer Sektierer zu unterwerfen. Insofern ist es richtig, wenn die der Verfassung angehängte Bill of Rights die Trennung staatlicher Rechtsetzung von den Grillen sektiererischer religiöser Gruppen fordert. Aber Hugo Black und seine Nachfolger, wie Antonin Scalia, waren äußerst unmoralisch, als sie aus der Lehre der Trennung von Staat und Kirche die inkonsequente, irrelevante, unmoralische und unrechtmäßige Doktrin ableiteten, man müsse die sittlichen Werte des nicht-sektiererischen Naturrechts von jenen grundlegenden, axiomatischen sittlichen Werten trennen, die letztlich die Kontrollinstanz aller Rechtsetzung bilden.
Kein ernsthafter Christ könnte dem widersprechen. Das Wesen des Christentums ist die Qualität des Evangelisierens, die Paulus im 1. Korintherbrief 13 betont. Ohne agape nützen alles angebliche Moralisieren oder versuchte gute Taten dem Handelnden gar nichts. Ohne agape ist der Vollbringer guter Taten nur ein Mühlstein, der das Korn mahlt, ohne selbst geistig erhöht zu werden. Die Aufgabe des Christen ist, Menschen dafür zu gewinnen, das Wahrheitsprinzip, das mit agape verbunden ist, zu lieben. Vernunft und Leben in allen menschlichen Formen zu verteidigen, ist ein Prinzip des Naturrechts, dem man ohne sophistische Ausflüchte ungeteilt dienen muß. Der Christ wird erkennen, daß man gegen heidnische Richter wie Hugo Black und Antonin Scalia das Prinzip des Naturrechts ins Feld führen muß.
Entscheidend ist: Keine Kirche hat die Autorität, bezüglich des Rechts einer Nation eine Moral vorzuschreiben, wenn diese der klaren, eindeutigen Grundlage des ausschließlich auf Vernunft beruhenden Naturrechts widerspricht. Scalia hat deshalb recht, wenn er darauf besteht, das Gesetz dürfe nicht auf dem beruhen, was „blinder Glaube“ zur Moral erklärt. Unrecht hat er, wenn er gleichzeitig unterschlägt, daß das einfache positive Recht der höheren Autorität der Vernunft, des Naturrechts, unterworfen ist.
Sollte es Zweifel über die Notwendigkeit des Naturrechts geben: An die Stelle blinden religiösen Glaubens setzt Scalia die Panik eines von seinen blinden Leidenschaften trunkenen heidnischen Mobs. An die Stelle der Kirche setzt Scalia die korrumpierenden erotischen Leidenschaften im Freudenhaus des Satanisten Bernard Mandeville oder den freien Markt des gottlosen Adam Smith; in Bezug auf Recht und Gesetz redet Scalia der dionysischen Kirche Friedrich Nietzsches und Martin Heideggers das Wort. Letztere ist eine Kirche, die allerdings von unserem Staat getrennt sein muß.
Natürlich muß eine Kirche, die die Prinzipien des Naturrechts beherrscht, als angemessener Berater des Staates anerkannt werden. Über Belohnungen im Himmel oder Bestrafungen in der Hölle sollten allerdings Gerichte entscheiden, die dazu berufen sind, und das sind keine irdischen Gerichte. Wir Sterblichen haben schon alle Hände voll damit zu tun, das Naturrecht zu verwalten, dessen Angelegenheiten vor unseren Gerichten verhandelt werden können, sofern diese moralische Gerichte sind. Michael Billington und Jacques Cheminade (der frühere französische Präsidentschaftskandidat, der Opfer einer politisch-juristischen Hexenjagd ist) können aus eigener Erfahrung bezeugen, daß es heute angesichts des von den höchsten Gerichten in Scalias USA oder Chiracs Frankreich gesetzten Rechts schon an ein Wunder grenzt, ein ehrliches irdisches Gericht zu finden.
Bleibt noch eine weitere wesentliche Überlegung über die Frage von Kirche und Staat, die nicht übersehen werden darf. Die Rolle des Naturrechts an sich – im Unterschied zu einer konfessionellen Doktrin – hat heute eine weitaus unmittelbarere praktische Bedeutung für die Vereinigten Staaten als jemals zuvor.
Die moderne westeuropäische Zivilisation, der alle Nationen Amerikas zugehören, entwickelte sich unter dem Einfluß des westlichen Christentums. Würde man diese christliche Kultur aufgeben, so würden unsere Gesellschaften sehr schnell kollabieren. Doch die Zukunft liegt auf dem eurasischen Kontinent; Ost- und Südasien stellen fast die Hälfte der Weltbevölkerung. In dieser Region sind die religiösen Kulturen mit den meisten Anhängern nicht christlich, sondern islamisch, konfuzianisch, hinduistisch oder buddhistisch. Der Islam ist als Zweig des mosaischen Monotheismus dem Westeuropäer noch am ehesten verständlich. Wie Leibniz als erster belegte, gibt es bezüglich des Naturrechts auch subtile, aber wichtige kulturelle Ähnlichkeiten zwischen dem westlichen Christentum und dem konfuzianischen Erbe.((Gottfried Wilhelm Leibniz, Abhandlung über die chinesische Philosophie, Belser Presse, Stuttgart.))
Diese religiös-kulturellen Unterschiede können, wenn überhaupt, nur vom Standpunkt des Naturrechts überbrückt werden. Klarer wird dies, wenn man das Naturrecht, mit gewissem Vorbehalt, als „ökumenisches Gesetz“ betrachtet – nicht im pragmatischen Sinne eines William James, sondern im Sinne von Leibniz oder Nikolaus von Kues. Die Bedeutung hiervon wird noch deutlicher, wenn wir weiter unten den wissenschaftlichen Beweis für die Existenz der Grundlagen eines universalen Naturrechts zusammenfassen.
An der Elle des Naturrechts gemessen sind Gesetzgebung und Gerichte in den USA und anderswo heute moralisch verkommen. Scalias Ausgrenzung der Moral hat sich bereits allgemein durchgesetzt, und das Ergebnis ist eine Katastrophe. Er wäre besser beraten, darüber nachzudenken, wie das durch seine falsche Auffassung entstandene Unheil wiedergutzumachen ist, als weiterhin sein und Hugo Blacks Rezept zu rechtfertigen, das uns solch ungenießbare Mahlzeiten aufgetischt hat.
Nehmen wir die bisherige Argumentation als gegeben, dann gilt es noch eine weitere wichtige Hürde zu überwinden: Wie läßt sich mit wissenschaftlicher Sicherheit bestimmen, was man als Naturrecht anerkennen soll? Dieser Frage wenden wir uns nunmehr zu.
Physikalische Ökonomie und Naturrecht
Bei verschiedenen anderen Anlässen haben wir bereits gezeigt, daß eine Untersuchung der demographischen Entwicklung der Erde, unter den ökologischen Bedingungen der vergangenen zwei Millionen Jahre, drei grundlegende Prinzipien beweist:
Erstens beweisen der Anstieg der potentiellen Bevölkerungsdichte der Menschheit sowie die gestiegene Lebenserwartung und Produktivität, daß sich der Mensch von allen anderen lebenden Arten unterscheidet und diesen überlegen ist, wie Genesis 1:26-30 betont.
Zweitens zeigt die Untersuchung, daß die demographischen Verbesserungen nach der Begründung des modernen Nationalstaats in Westeuropa ab 1461 eine Folge der Verbindung von allgemeiner Bildung und der Förderung wissenschaftlicher, technischer und anderer grundlegender Entdeckungen mittels der schöpferischen Fähigkeiten des Individuums sind. Genau dieses schöpferische Potential, das sich in gültigen Entdeckungen und Anwendungen von Naturprinzipien im wissenschaftlichen und technischen Fortschritt äußert, erhebt die Menschheit über alle anderen Arten.
Drittens besteht die menschliche Geschichte vor allem im Bemühen um die Schaffung einer Staatsform, die auf allgemeiner Bildung als Grundlage für stetigen wissenschaftlichen und sonstigen Fortschritt aufbaut – im Kampf gegen das Erbe der sog. „traditionalistischen“ und oligarchischen (d. h. feudal-aristokratischen, finanz-aristokratischen) Gesellschaftsformen, wie etwa die im berüchtigten Kodex des Kaisers Diokletian festgeschriebene.
Diese drei Prinzipien lassen sich beweisen, wenn wir die Methoden der experimentellen Physik angemessen anwenden. Ausgangspunkt darf dabei nicht irgendeine formale Mathematik sein, sondern nur das Prinzip des Messens, wie es der Begründer der modernen europäischen Wissenschaft Nikolaus von Kues in seiner Belehrten Unwissenheit (De docta ignorantia) nachwies.((Kardinal Nikolaus von Kues, Die belehrte Unwissenheit.)) Erst nach Beendigung der entscheidenden Messungen kann man eine angemessene Mathematik annehmen. Der strenge Beweis für das Bestehen dieser drei Prinzipien verlangt Messungen in einem Bereich der Physik, den man physikalische Ökonomie nennt.((Als Einführung in die physikalische Ökonomie siehe: Lyndon H. LaRouche, jr., So, You Wish to Learn All About Economics?, dt.: Was Sie schon immer über Wirtschaft wissen wollten, Dr. Böttiger Verlags-GmbH, Wiesbaden 1985. Der Text bietet eine adäquate Anleitung besonders für Leser mit Hintergrundwissen in jedem Ingenieursbereich, wo mit Methoden der Input-Output-Messung anhand von Verlaufsprotokollen, Materiallisten und Warenkörben gearbeitet wird.))
Die Betonung der Ökonomie als physikalische Ökonomie bedeutet unter anderem, daß Geld, Kredit und Schulden immer nur in Form politischer Fiktionen bestanden haben, und daß jeder Versuch, eine Wirtschaftstheorie aus Messungen in solchen Einheiten (oder auf Grundlage der verwandten politischen Fiktion des „Grenznutzens“) herzuleiten, zu Absurditäten führen muß. Kompetenz beginnt damit, jegliche Annahme abzulehnen, derzufolge die „Ökonomie“ dazu da sei, eine „Theorie des Geschäftslebens“ aufzustellen.((Aus den unten angegebenen Gründen sollte business (Geschäft, An- und Verkauf) als optionale Funktion der physikalischen Ökonomie angesehen werden.)) Ökonomie muß sich auf physikalische Fakten (wie Produkte, Warenkörbe von Gütern usw.) beziehen sowie auf notwendige physikalische Prinzipien, die auf der Grundlage dieser Fakten experimentell bewiesen werden.
Das Wesentliche beim realwirtschaftlichen (physikalisch-ökonomischen) Messen von Gesellschaften als unteilbare Einheit ist, daß wir dabei mit den Maßstäben der experimentellen Physik bestimmte Prinzipien der Erkenntnisprozesse beim Menschen und bestimmte entsprechende Prinzipien der Natur demonstrieren können. Wir können weiterhin Messungen erhalten, mit denen sich wichtige Neben- oder Unterprinzipien belegen lassen. Das Ergebnis wird sinnvollerweise „Naturrecht“ genannt, in dem Sinne, daß das Naturrecht bezeichnet, wie die Menschheit und das Universum aufgrund ihrer offensichtlichen Beschaffenheit funktionieren und miteinander in Beziehung treten sollen. Man kann auch so sagen: Das Naturrecht ist die Hypothese, die dem notwendigen und zureichenden Grund für die erfolgreiche, fortgesetzte Existenz der Menschheit entspricht.
Betrachten wir als nächstes die allgemeinen Merkmale erfolgreicher menschlicher Existenz. Die experimentelle Physik zeigt uns ein ganz entscheidendes allgemeines Prinzip, das einem Bevölkerungswachstum mit gleichzeitiger steigender Produktivität pro Kopf und verbesserten demographischen Eigenschaften zugrundeliegt.
Das Niveau der potentiellen realen Produktivität einer Gesellschaft pro Kopf, pro Haushalt und pro Quadratkilometer hängt sowohl von einer gewissen Entwicklung des menschlichen Intellekts ab als auch von gewissen Minimalstandards der demographischen Eigenschaften und des Verbrauchs. Zum Verbrauch gehören ein bestimmter funktional notwendiger Verbrauch der Privathaushalte, funktioal notwendiger Verbrauch für notwendige grundlegende Infrastruktur, und funktional notwendiger Verbrauch für Produktion und andere Funktionen des Güterausstoßes. Dieses Minimalniveau an Erfordernissen steigt, in Hinsicht auf das Wissen wie auch auf die Erfordernisse der Demographie und der Warenkörbe, wenn zu einem höheren Niveau potentieller realer Produktivität übergegangen wird.((Vergl. Gottfried Wilhelm Leibniz, Sozietät und Wirtschaft, a.a.O.))
Den Begriff des funktional vorgegebenen Minimalstandards können wir unter der Lehrbuch-Überschrift „Systemenergie“ einordnen. Wenn wir das tun, müssen wir natürlich auch die Funktion des Güterausstoßes der Gesellschaft untersuchen, der über die „Systemenergie“ hinausgeht, und dies als „freie Energie“ bezeichnen. Da der Fortschritt „Investitionen“ in eine höhere „Systemenergie“ pro Kopf und pro Quadratkilometer verlangt, könnte es allerdings einem Schüler, der mit der Ökonomie nicht vertraut ist, so erscheinen, als müsse das Verhältnis von „freier Energie“ zur „Systemenergie“ sinken, weil durch den technischen Fortschritt die relative „Kapitalintensität“ ansteigt. Das Gegenteil ist der Fall: In allen erfolgreichen Fällen wird das Verhältnis zwischen „freier Energie“ im Verhältnis zur „Systemenergie“ nicht kleiner, obwohl die „Systemenergie“ pro Kopf, pro Haushalt und pro Quadratkilometer steigt. Dieses Ergebnis kann man als „Nicht-Entropie des Wirtschaftsprozesses“ bezeichnen, d. h. als Widerlegung des sogenannten „Entropiegesetzes“.
Somit drückt sich Leibniz‘ (und US-Finanzminister Alexander Hamiltons)((Alexander Hamilton, Report to the U.S. Congress: On the Subject of Manufactures, Dezember 1791.)) Begriff der produktiven Arbeitskraft in der wechselseitigen Abhängigkeit zweier meßbarer Begriffe aus: a) das Verhältnis von freier Energie zur Systemenergie und b) Systemenergie pro Kopf, pro Haushalt und pro Quadratkilometer, wobei die Gesellschaft funktional als unteilbares Ganzes betrachtet wird. Die produktive Arbeitskraft des Einzelnen ist eine Funktion des Einflusses des handelnden Individuums auf die produktiven Eigenschaften der Gesellschaft als Ganzes.
Die implizite „Isotherme“ der produktiven Arbeitskraft (pro Kopf, Haushalt und Quadratkilometer) drückt sich in den genannten Ungleichungen aus: a) das Verhältnis von „freier Energie“ zur „Systemenergie“ muß deutlich über „Null“ liegen und darf nicht absinken; b) die „Systemenergie“ (pro Kopf, Haushalt und Quadratkilometer) muß steigen.
Die durch die beiden Ungleichungen ausgedrückte Vorstellung gründet sich unter anderem auf den physikalischen Beweis, daß es „entropisch“ wirkt, wenn man die Güter in stets gleicher Weise produziert, weil die Ressourcen begrenzt sind und teurer werden. Das beweist, daß wissenschaftlicher, technischer und verwandter Fortschritt notwendig ist, eine Politik technologischen Nullwachstums dagegen selbstmörderisch. Eine Nullwachstumsgesellschaft ist keine Option, wenn die Menschheit überleben will, denn die potentielle Bevölkerungsdichte, die demographischen Charakteristika und die Lebensqualität des Einzelnen in der Gesellschaft müssen sich unter dem Einfluß einer solchen Politik verschlechtern.
Dies führt uns zu dem allgemeinen funktionalen Begriff der „technologischen Abnutzung“.
Weil das erfolgreiche Bestehen der menschlichen Gattung von einem solchen „nicht-entropischen“ Ergebnis abhängt, das man durch wissenschaftlichen und anderen Fortschritt in der allgemeinen gesellschaftlichen Praxis erreicht, müssen wir der hier beschriebenen „nicht-entropischen“ Funktion eine außergewöhnliche Bedeutung beimessen. Diese Bedeutung äußert sich in verschiedener Weise, je nachdem, von welchem Standpunkt man sie betrachtet. Allgemein gesagt ist diese „Nicht-Entropie“ das lächelnde Gesicht des Universums, das es uns zeigt, wenn wir eine axiomatisch-revolutionäre Entdeckung eines Naturprinzips anwenden – entweder als wissenschaftliches Prinzip oder als von einem solchen Prinzip abgeleitete verbesserte Technologie.
Dank der Methode der experimentellen Physik wissen wir, daß es grundsätzliche Entdeckungen gibt, deren Gültigkeit durch Unterschiede gemessener Wirkungen bewiesen wurde. Der einzelne Mensch verfügt über eine Fähigkeit, die kein anderes Lebewesen hat: Er kann Prinzipien entdecken und umsetzen, welche die menschliche Praxis revolutionär verändern und die Herrschaft des Menschen über die Natur vergrößern, in der Weise und unter den Einschränkungen, die wir aufgezeigt haben. Das Phänomen der technologischen Abnutzung zeigt, daß das Fortbestehen der Menschheit mit einer höheren Bevölkerungsdichte als Menschenaffen von der fortwährenden Entwicklung und Anwendung solcher radikaler Veränderungen im menschlichen Verhalten abhängt. Das gilt besonders für solche Veränderungen in der bekannten Geschichte der Menschheit, die wir rückblickend oder allgemein unter jene gültigen, axiomatisch-revolutionären Entdeckungen von Prinzipien einordnen, durch die sich das Verhalten einer Gesellschaft radikal verbessert. Mit solchen Überlegungen über realwirtschaftliche Fakten sind wir jetzt zu dem Erz vorgestoßen, durch dessen Veredelung wir das reinere Metall „menschliche Natur“ erhalten können. Dieses „Erz“ dient uns als Beweis, der zu einer funktionalen Definition des Naturrechts führt.
Agape: Wie Ideen vermittelt werden
Den nächsten Absätzen müssen wir eine klärende Definition von Begriffen vorausschicken, die bereits verwendet wurden oder noch folgen.
- Deduktives Argument. Jede gesprochene Sprache, einschließlich der heute gängigen Mathematik, wird „grammatisch“, wenn man sie einer Art evolutionärem Prinzip unterwirft; wir nennen dies formale „logische Folgerichtigkeit“, richtiger und strenger wäre allerdings „Fehlen scheinbarer, logischer Unvereinbarkeit“.
- Theorem. Die in einer solchen Sprache ausgedrückten Reihen von Lehrsätzen, von denen nachweislich keiner einem anderen des Ganzen widerspricht, kann man als Theoreme bezeichnen.
- Hypothese. Wenn wir Platons sokratische Methode anwenden, können wir einen Satz von Definitionen und axiomatischen Annahmen ableiten, die implizit alle Theoreme eines Satzes von Theoremen subsumieren. Dieser Satz zugrundeliegender Annahmen (beispielsweise Definitionen, Axiome, Postulate) wird als Hypothese bezeichnet.
- Theoremgitter. Mit dieser Hypothese können wir implizit eine weitere Ansammlung von Theoremen definieren, die dem ursprünglichen Satz von Theoremen nicht widersprechen. Die Kombination aller bekannten und möglichen Theoreme stellt ein Theoremgitter dar. Die euklidische Schulgeometrie oder eine empiristische oder kartesianische Algebra sind Beispiele für Theoremgitter.
- Axiomatisch-revolutionäre Entdeckung eines Prinzips. Für den Fall, daß die Wirklichkeit belegt, daß eine oder mehrere der Elemente einer solchen formalen Hypothese falsch sind, muß eine neue Hypothese, die mit den relevanten „experimentellen Tatsachen“ vereinbar ist, die fehlerhafte ersetzen. Diese bestätigte neue Hypothese ist axiomatisch unvereinbar mit der vorhergehenden, fehlerhaften Hypothese und kann deshalb mit deduktiven Methoden nicht aus der alten Hypothese hergeleitet werden. Solch eine bestätigte Veränderung von Axiom und Hypothese wird als grundsätzliche, axiomatisch-revolutionäre Entdeckung oder abgekürzt einfach als grundsätzliche Entdeckung bezeichnet.
- Schöpferischer geistiger Akt. Die Entdeckung einer solchen gültigen, axiomatischen Lösung ist ein exemplarischer schöpferischer geistiger Akt, der im grundsätzlichen Gegensatz zum geistigen Akt der Deduktion oder Induktion steht.
- Erkenntnis. Die eigentliche Qualität des so definierten schöpferischen geistigen Akts wird als Erkenntnis oder Erkenntnisprozeß bezeichnet.
- Höhere Hypothese. Das heute gültige Wissen der Menschheit verkörpert eine Akkumulation bestätigter, axiomatisch-revolutionärer Entdeckungen und eine entsprechende Aufeinanderfolge von Hypothesen. Wenn eine Erkenntnismethode, die bei einer gültigen grundsätzlichen Entdeckung an einem Punkt erfolgreich angewandt wurde, auch bei anderen, darauf folgenden grundsätzlichen Entdeckungen erfolgreich angewandt wird, so erhalten wir eine Reihe von Hypothesen, von denen jede der vorhergehenden überlegen ist und die alle in derselben Weise erzeugt sind. Die Annahmen, die dieser Erkenntnismethode zugrunde liegen, bilden einen Hypothesentypus. Dieser Hypothesentypus liegt der Hypothese der vielen((„Das Viele“ wird hier im Sinn von Platons Parmenides-Dialog verwendet, der sich mit dem ontologischen Paradox des „Eins-Viele“ beschäftigt, indem er die Beziehung einer zugrundeliegenden Hypothese zu den Theoremen eines Theorem-Gitters betrachtet.)) Hypothesen der Folge zugrunde, so wie eine gewöhnliche Hypothese dem Theoremensatz eines Theoremgitters zugrundeliegt. Diesen höheren Typus von Hypothese nennt Platon eine höhere Hypothese.((Leibniz bezeichnet die Charakteristika einer solchen höheren Hypothese u. a. als analysis situs.))
- Hypothetisieren der höheren Hypothese. Der Zustand der Erkenntnis ist von der Art der höheren Hypothese. Das schließt einen besonderen, höheren Typ der Hypothesenbildung ein, der seit Platon als Hypothetisieren der höheren Hypothese bezeichnet wird. Das Hypothetisieren der höheren Hypothese ist der geistige Prozeß, der es ermöglicht, eine wissenschaftliche Methode, die eine höhere Hypothese darstellt, axiomatisch zu verbessern, oder mehrere höhere Hypothesen schlüssig zu ordnen, so wie es eine höhere Hypothese (zum Beispiel die experimentell-wissenschaftliche Methode für grundlegende Entdeckungen) ermöglicht, eine Folge von Hypothesen schlüssig zu ordnen.
- Notwendiger und zureichender Grund. Leibniz‘ Bezeichnung für sein Prinzip der wissenschaftlichen Entdeckung, notwendiger und zureichender Grund, spiegelt die platonischen Vorstellungen wider, die der experimentalphysikalischen Methode zugrunde liegen. Die Bedeutung von Leibniz‘ Prinzip erkennt man besser aus der Sicht von Riemanns Habilitationsschrift von 1854, die diese Frage von demselben Standpunkt der Hypothesen-Methode behandelt, die wir in den eben dargelegten Definitionen beschrieben haben.
- Agape. Die schöpferische Erkenntnisfähigkeit geht mit einem bestimmten emotionalen Zustand des Menschen einher, ohne den sie nicht funktioniert. Diesen emotionalen Zustand bezeichneten Platon und der Apostel Paulus als agape. Bei Platon bedeutet dies Liebe zur Gerechtigkeit und zur Wahrheit. Paulus benutzt agape in 1. Korinther 13 im gleichen Sinn, erweitert diesen aber in Liebe zur Menschheit und Liebe zu Gott. Die gleiche Emotion erleben wir bei einem Kind, das überglücklich ist, weil es etwas Grundlegendes entdeckt hat. Wenn jemand eine schöpferische Einsicht erfährt, wird dies oft umschrieben mit „ihm ist ein Licht aufgegangen“, und auch die „Freudentränen“ beziehen sich auf eine solche Erfahrung. Das ist die Emotion der wissenschaftlichen Entdeckung, und auch die Emotion, die mit der Metapher im klassischen Kunstwerk verbunden ist, wie einer gut aufgeführten Tragödie eines Aischylos, Shakespeare oder Schiller, oder einer gut aufgeführten großen Komposition eines J. S. Bach, Mozart, Beethoven, Schubert oder Brahms: Die Qualität einer solchen Aufführung hängt davon ab, wie weit der Aufführende das Gefühl der Erkenntnis, das Gefühl der „Freudentränen“ meistert.
- Das Gute. Keine Absurdität hält sich in der modernen Zivilisation so hartnäckig wie die Vorstellung von im „Unendlichen“ existierenden Punkten, in der Vergangenheit wie in der Zukunft. Diese Ideen, die manchmal auch in der Form der „Grenztheorie“ auftreten, entsprechen keiner Realität, die jemals bestanden hat oder bestehen könnte; aber diese törichten Ideen schaffen vielerlei Verwirrung, nicht nur in der Theologie, sondern auch in der Mathematik und in der Wissenschaft im allgemeinen. Für unsere Zwecke reicht es aus, hier die relevanten Aspekte der Beziehung zwischen der Hypothese und Platons Begriff des Guten zusammenzufassen.
Kurz gefaßt führt es zu folgendem Ergebnis, wenn man Leibniz‘ notwendigen und zureichenden Grund aus der Sicht von Riemanns Hypothesen-Prinzip betrachtet. Wenn man jede physikalisch bestätigte, grundlegende Entdeckung als eine Dimension einer „n-dimensionalen“ physikalischen Geometrie (Mannigfaltigkeit) betrachtet, dann ist das Ordnungsprinzip einer Reihe solcher bestätigter Entdeckungen ein Typus einer höheren Hypothese, der sich als Fortschreiten von einer physikalischen Raum-Zeit-Mannigfaltigkeit (Geometrie) von „n“ Dimensionen zu einer von „n + 1“ Dimensionen darstellen läßt. Das entscheidende, zusätzliche Element in Riemanns Argumentation ist, daß man diese aufeinanderfolgenden physikalischen Geometrien nur dann miteinander vergleichen kann, wenn man den Formalismus der gegenwärtig allgemein anerkannten mathematischen Physik verläßt und zur experimentellen Physik übergeht.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt bei diesen Bemühungen darin, daß wir jede physikalische Geometrie in Bezug auf die relative Krümmung der jeweiligen physikalischen Raum-Zeit geodätisch behandeln können. Das heißt, der Unterschied der metrischen Eigenschaften, durch die sich verschiedene physikalische Raum-Zeit-Mannigfaltigkeiten formal unterscheiden, gibt uns die Mittel an die Hand, die Mannigfaltigkeit, die wir im Hinblick auf eine experimentelle Physik wählen, zu überprüfen: in dem Sinn, wie die klassischen Griechen, die in der Tradition von Platons wissenschaftlicher Methode arbeiteten, die Erdkrümmung beweisen konnten, obwohl diese erst über zweitausend Jahre später sinnlich wahrgenommen werden konnte.
Um Leibniz‘ Begriff des notwendigen und zureichenden Grundes voll zu schätzen, fasse man Riemanns Herangehensweise zum selben Thema zusammen. Ausgehend von einem entscheidenden Ereignis, zum Beispiel dem empirischen Beweis des Prinzips der kleinsten Wirkung bei der Lichtbrechung unter Bedingungen verzögerter Ausbreitung: Aus welchen Elementen setzt sich die Hypothese zusammen, die erklärt, warum das gemessene Ergebnis des Experiments notwendig so sein mußte, wie es war? Diese Hypothese ist der „notwendige“ und „zureichende“ Grund für dieses entscheidende experimentelle Ereignis.
Man erinnere sich an 1. Korinther 13. Der Autor besteht auf dem originalen griechischen agape, weil er das moderne Verständnis der üblichen Übersetzungen – lateinisch caritas, englisch in der King-James-Bibel charity (Nächstenliebe, Barmherzigkeit) – ablehnt. Paulus betont, daß keine der Handlungen, die man gewöhnlich mit „Nächstenliebe“ bezeichnet, agape bedeutet. Es ist nicht die Tat als solche, die den Handelnden belohnt, sondern vielmehr das Ausdrücken einer besonderen Leidenschaft für Wahrheit und Gerechtigkeit gemäß der Vernunft, agape, im Handelnden. In Leibniz‘ Begriffen gesagt, ist agape für Paulus Bestandteil des notwendigen und zureichenden Grundes für die gute Tat; die Tugend (die virtù der Renaissance) liegt im axiomatischen Prinzip der agape als integralem Axiom des notwendigen und zureichenden Grundes. Um Paulus‘ Argument weitergehend zu verstehen, betrachte man Platons Definition des Guten.
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Vorausgesetzt wird eine Reihe von Ereignissen, die mit einem bestimmten Theoremgitter übereinstimmen. Diese Ereignisse sind in Ort und Zeit festgelegt. Eine zugrundeliegende Hypothese bestimmt die entsprechenden Theoreme. In welchem Abschnitt dieses Raumabschnitts und dieser Zeitspanne besteht die Hypothese? Die Hypothese verändert sich nie – in keinem Abschnitt dieser Raum-Zeit. Sie besteht „gleichzeitig“ an allen Orten und Zeiten, die das Theoremgitter definiert. Aber sie ist nicht auf sie begrenzt. Dennoch ist sie der notwendige und zureichende Grund für die Wahl aller der Theoreme, die man als Grundannahmen für das Auftreten der Ereignisse auswählt. In dieser Hinsicht, als zureichender und notwendiger Grund, stellt die Hypothese das Gute dar. Allerdings sie ist nicht das Gute Platons, weil die Existenz des höchsten Guten (das Gute oder das absolut Gute) nicht eingeschränkt, also kein Prädikat einer Hypothese sein kann. Aber als notwendiger und zureichender Grund ist das Gute (das Absolute) – genau wie die Hypothese eines Theoremgitters – nicht in Ort und Zeit festgelegt, sondern existiert gleichzeitig an allen Orten und zu jeder Zeit.
Wir müssen das Märchen von der mechanistischen Kausalität, dieses „Stoßmichziehdich“ aus der Geschichte von Dr. Doolittle, das heute allgemein in den Schulen gelehrt wird, aufgeben; statt dessen müssen wir einen Sinn für die wirksame Beziehung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft entwickeln, die in den platonischen Begriffen der Hypothese und des Guten implizit enthalten ist. Wenn man dann erklärt: die Zukunft wirkt auf die Gegenwart, oder: die Gegenwart formt die Vergangenheit und die Zukunft, dann ist das nur vom Standpunkt der platonischen Hypothese und des Guten gemeint. Die relativ zeitlose Hypothese, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gestaltet, läßt diese drei Aspekte eines kontinuierlichen Prozesses sich so verhalten, als ob sie ständig aufeinander wirken könnten. Sie interagieren natürlich nicht direkt! Wie die Vergangenheit, so ist die Zukunft implizit in der entsprechenden Hypothese (Hypothese, höhere Hypothese oder Hypothetisieren der höheren Hypothese) angelegt, und auch in dem Guten immer implizit.((Das Prinzip wird pädagogisch sinnvoll illustriert durch eine Betrachtung der Implikationen von Wilhelm Furtwänglers Bemerkung, der Musiker müsse „zwischen den Noten spielen“. Zum Beispiel: Jedes Meisterwerk, das im Stil der klassischen Motivführung eines Mozart, Beethoven, Schubert, Brahms u. a. (im Gegensatz zur bedeutungslosen romantischen Methode eines Liszt oder Wagner) komponiert ist, besteht aus der Entwicklung einer Aufeinanderfolge von Übergängen aus einer ursprünglichen kurzen Intervallfolge (zum Beispiel Mozarts Phantasie KV 475 als Auseinandersetzung mit Bachs Musikalischem Opfer). Die Auflösung dieses Prozesses am Ende der Komposition definiert den Entwicklungsprozeß bis zu diesem Punkt als eine musikalische Hypothese. Ein qualifizierter Musiker wird nicht jede der Phrasen, die aufeinander folgen, einzeln interpretieren (entweder willkürlich oder nach irgendeiner formalen Regel), sondern die Interpretation dem Gesamtziel der endgültigen Auflösung unterordnen. Diese „Unterordnung“ bei der Interpretation bedeutet, „zwischen den Noten“ zu spielen. In derselben Weise gestaltet der wahre Staatsmann die Geschichte, und in derselben Weise gestaltet ein weiser Mensch sein persönliches Leben.)) Über den notwendigen und zureichenden Grund (die Hypothese) entsteht die Wirkung, die den Anschein hat, als wirke sie von der Zukunft auf die Vergangenheit.
Anstatt vom „Naturrecht“ wollen wir lieber von einer „Naturrechts-Hypothese“ sprechen. Als Hypothese, oder als das Gute, dem wir uns unter der Anleitung dieser Hypothese annähern wollen, ist diese Vorstellung zeitlos. Sie wirkt im Leibnizschen Sinne des notwendigen und zureichenden Grundes.
Deshalb betont Paulus‘ in berühmten 1. Korinther 13, daß agape immer da sein müsse. Agape – als übergeordnetes Axiom innerhalb der Hypothese des Naturrechts – ist es, was die Persönlichkeit des Handelnden mit Platons Gutem vertraut macht. In jener virtù, nicht im einzelnen praktischen Effekt der Tat selbst, sieht das Christentum die Quelle der Erlösung für die Persönlichkeit des Handelnden. Nicht daß man eine gute Tat tut, bringt die Erlösung, sondern daß man sich von agape leiten läßt und deshalb die notwendige Tat nicht unterläßt. Für den Christen ist die Tugend oder Schönheit der Tat, daß man über agapische Vernunft verfügt, um in der Nachfolge Christi zu handeln.((Man kann wohl kaum behaupten, der Schöpfer des Universums sei ein linkischer Mystiker! Wer als sein Diener im fortlaufenden Schöpfungsprozeß agieren will, sollte diesen Punkt nicht übersehen.))
Nichts geschieht ohne Motiv. Einen rein kontemplativen Geisteszustand gibt es nicht. Das Motiv des menschlichen Handelns liegt in den Gefühlen, von denen es zwei Arten gibt. Die niedere Art ist der erotische Impuls, wovon der sexuelle Impuls eine besondere Form darstellt; genauer ist dies die Leidenschaft für Gegenstände, die man mit den Sinnen wahrnimmt – ob leibhaftig oder nur vorgestellt. Das ist die Leidenschaft des Empiristen, des Positivisten und Existentialisten. Die höhere Art menschlicher Gefühle ist agape, das, was die Persönlichkeit des Menschen von den Tieren unterscheidet und über sie erhebt. Agape bezieht sich auf die geistigen Dinge, die sich als platonische Ideen einordnen lassen: Wahrheit, Gerechtigkeit, Hypothese, das Gute.
Eine kompetente Erziehung lehnt das Lernen aus Schulbüchern ab und leitet stattdessen den Schüler an, den ursprünglichen Akt der Entdeckung gültiger Prinzipien nachzuvollziehen. Dabei kultiviert der Schüler die Erfahrung von agape in diesen Entdeckungen. Das gilt für das Studium wissenschaftlicher Entdeckungen wie für Entdeckungen in der klassischen Kunst. Aus der Freude dieser agapischen Erfahrung entspringt die Leidenschaft für solche Berufe und die Energie für die schöpferisch-geistige Konzentration, die es dem gebildeten Wissenschaftler oder dem schöpferischen klassischen Künstler ermöglicht, die für den Fortschritt in seinem Beruf notwendige Einsicht zu gewinnen.
An die Idee eines bereits bekannten Prinzips kann man sich mittels eines symbolischen Kommunikationsmittels erinnern; aber eine neue Idee läßt sich nicht symbolisch oder durch Deduktion vermitteln. Kurz, die „Informationstheorie“ ist eine Illusion, ein Schwindel.
Die Idee wissenschaftlicher Prinzipien, die poetische Grundidee einer klassischen Tragödie, die musikalische Idee großer klassischer Kompositionen, die Idee großer Gemälde von Leonardo da Vinci, Raffael Sanzio oder von Rembrandts Aristoteles betrachtet die Büste Homers((Man kann das Bild nennen, wie man will. Der Name, der den Betrachter direkt auf die Bedeutung des Gemäldes stößt – sein Paradox, seine Metapher! –, ist „Homers Büste, den blinden Aristoteles betrachtend“.)) und platonische Ideen im allgemeinen – solche Ideen lassen sich nicht über einen wörtlichen, grammatikalischen Sprachgebrauch oder über deduktive Mathematik vermitteln. Solche neuen Ideen kann man einer anderen Person nur über Paradoxa vermitteln, die naturgemäß die strikte Grammatik einer gesprochenen oder der mathematischen Sprache verletzen. Ein anderer Begriff für solche Paradoxa ist „Metapher“, eine Metapher, die in Ironien eingebettet ist.
In verschiedenen Veröffentlichungen haben der Autor und andere die wichtigsten Aspekte von Eratosthenes‘ Schätzung des Erdumfangs beschrieben (Abb. 1). Ein Schüler, der lediglich die formalen mathematischen Schritte der Entdeckung durcharbeitet, übersieht vielleicht die Idee, die hier mitspielt, wenn ihn der Lehrer nicht darauf hinweist: „Wir konnte Eratosthenes eine ziemlich genaue Schätzung des Größe der Erdkugel liefern, zweitausend Jahre bevor der erste Mensch die Kugelform der Erde gesehen hat?“ Das Aufstellen dieses Paradoxes läßt den Schüler im Moment die Bedeutung des Wortes „Experimentalphysik“ zu entdecken. Andernfalls könnte der Schüler durchaus einen fortgeschrittenen Grad in der mathematischen Physik erreichen, ohne jemals den entscheidenden Unterschied zwischen einfacher mathematischer Physik und Experimentalphysik kennenzulernen. Der Schüler, der sich selbst niemals mit diesem Paradox konfrontiert (in dieser oder ähnlicher Form), wird auch niemals die Bedeutung des qualitativen Unterschieds zwischen Astrophysik und Mikrophysik auf der einen und Makrophysik auf der anderen Seite erkennen.
Die Doktrin, das Vermitteln von Ideen könne mit dem Zählen von Bits und Bytes verglichen werden, gehört in den gleichen Topf – in die gleiche Anstalt –, in die eine gesunde Gesellschaft Isaac Newtons Illusion steckt, man könne Gold aus Schlamm machen, wenn man etwas Fledermausflügel und Wassermolchauge als Katalysator einsetzt.((Diese Charakterisierung Isaac Newtons ist keineswegs unfair. Man lese beispielsweise John Maynard Keynes‘ Beschreibung, welchen Unfug man beim Öffnen der Truhe mit Newtons Aufzeichnungen über seine wissenschaftlichen Experimente fand: „Newton the Man“, in: Newton Tercentenary Celebration, Cambridge University Press 1974.)) Indem der einzelne Geist durch Erkennen die Paradoxa (Metaphern) löst, die mit Begriffen ausgedrückt werden, die aus einer anderen Sache stammen, kann der Adressat das Konzept nachvollziehen, auf das derjenige hinwollte, der das Paradox entworfen hat. Das so vermittelte Konzept hinterläßt als solches keine Spuren in der Anatomie des gewählten Kommunikationsmediums. Beethovens Musik findet man nicht in der Partitur, sondern in den Implikationen der Paradoxe, die diese Partitur dem richtig ausgebildeten Musiker stellt.
Die Sprache der Wissenschaft, die Sprache klassischer Dichtung, der Tragödie, Musik und Malerei ist die Metapher. Das Motiv für die Metapher ist agape. Das Medium der Schöpfung ist das Paradox. Gelöst wird das Paradox von der durch agape motivierten Vernunft. Das bedeutet Liebe zur Wahrheit und zur Gerechtigkeit.
Wie das Naturrecht angewandt wird
Das Naturrecht wirkt als ein Typ der Hypothese, so wie wir oben „höhere Hypothese“ definiert haben. Es besteht aus einer Reihe von Prinzipien (d. h. Axiomen), aus denen viele gültige Hypothesen gebildet werden können, und jede Hypothese faßt ein Theoremgitter gesetzmäßiger Lehrsätze zusammen.
Das Naturrecht definiert also implizit eine wohl offene Theoremreihe. Diese Theoreme treten in Form jener Lehrsätze auf, die den Vorgaben der Hypothese nicht widersprechen. Einige dieser Theoreme sind so allgemein anwendbar, entweder in allen Gesellschaften oder in den gegenwärtigen Gesellschaftsformen, daß wir „konstitutionell“ (verfassungsmäßig) nennen können. Die Betonung von „Leben, Freiheit und dem Streben nach Glück“ in der amerikanische Unabhängigkeitserklärung von 1776 und die gesamte Präambel der amerikanischen Verfassung von 1789 sind Beispiele für den Ausdruck des Leibnizschen Naturrechts als Verfassungsrecht.((Die Präambel der amerikanischen Verfassung beinhaltet implizit diese Begriffe Leibnizschen Naturrechts, denen man auch in der Unabhängigkeitserklärung begegnet. Die Präambel zur Verfassung mit ihrer „Wohlfahrtsklausel“ ist das grundlegende Prinzip des Verfassungsrechts unserer Republik (zumindest in den Epochen unserer Geschichte, in denen man dem Verfassungsrecht mehr als nur sophistische Lippendienste geleistet hat). Aufgrund dieses naturrechtlichen Gehalts der Präambel und deren übergeordneter Bedeutung bezüglich des Rests der Verfassung ist die amerikanische Verfassung das beste Instrument, das sich ein Nationalstaat je gegeben hat.))
Das Naturrecht in seiner passenden, kompakten Form besteht aus einer Mannigfaltigkeit entdeckter Prinzipien, in dem Sinn (der Experimentalphysik), wie wir gerade solche grundlegenden Definitionen und Axiome hergeleitet haben. Es folgen einige Beispiele dafür.
1. Die ontologische Frage. Wie die Geschichte seit Platon zeigt, liegt das größte Hindernis für ein Verständnis des Konzepts des „Naturrechts“ in der sturen Inkompetenz bei der entscheidenden ontologischen Frage, die uns Platon beispielhaft am Scheitern des Parmenides in seinem berühmten gleichnamigen Dialog demonstriert.
Um diesen Punkt zu verdeutlichen: Wenn alle Elemente eines Theoremgitters effektiv von der Hypothese erzeugt sind, die dem gesamten Gitter zugrundeliegt – ist die Realität dann eher in dieser Hypothese zu finden oder in den von dem Theoremgitter beschriebenen Elementen? Oder: Wenn ein Element aus einer Veränderung entsteht, der ein anderes Element unterworfen wurde, was ist dann „realer“ – diese Elemente oder das, was sie der Veränderung ihrer Existenz unterwirft? Entsprechend: Was ist realer, der Schöpfer des Universums oder die Elemente in diesem geschaffenen Universum?
Ein Theoremgitter zu erschaffen, ist ein Akt der Veränderung, die wirksamer existiert als irgendein von ihr erzeugtes Gitter. Der andere Name für diese Veränderung ist „Hypothese“. Besondere Bedeutung muß deshalb der Veränderung der Hypothese, d. h. der höheren Hypothese beigemessen werden.((Dies ist nicht nur die zentrale Frage, die Platon von den Eleaten, den Sophisten und von Aristoteles trennt; sie trennt auch Kepler von dem Rosenkreuzer Robert Fludd und dem Empiriker Galileo Galilei. Dies war Leibniz‘ Kernpunkt, als er wiederholt auf die Quelle der Inkompetenz in Descartes‘ Methode hinwies, den Schwindel eines Hobbes und Locke restlos entlarvte und in der Leibniz-Clarke-Korrespondenz die Inkompetenz in Newtons Methode kritisierte. Auf diesem grundlegenden methodischen Unterschied basierte der unüberbrückbare Gegensatz der führenden amerikanischen Patrioten von 1714-1901 zur britischen Monarchie und den Yankee-Tories und Sklaverei-Befürwortern in Amerika. Für unsere Zwecke reicht es aus, sich auf die ontologischen Fragen zu konzentrieren, die der „höheren Hypothese“ zugrunde liegen; der Punkt ist ebenso unmittelbar bedeutsam, wenn man ihn auf die Frage der höheren Hypothesenbildung und des Guten anwendet.))
2. Die Definition des Menschen. Die Frage des Naturrechts, mit der wir uns hier beschäftigen, ist spezifisch die nach der Definition des Menschen. Diese Definition muß von der Schaffung jedes einzelnen Menschen ausgehen – als Vertreter jener Gattung, die sich durch den Prozeß, der das nicht-entropische Potential dieser Gattung hervorbringt, absolut von den Tieren unterscheidet.((Vom Standpunkt der Experimentalphysik läßt sich diese funktionale Definition des Menschen in folgender analysis situs untersuchen. Der Gesamtbereich experimentaler Forschung wird in Hinsicht auf drei Beweisqualitäten und drei allgemeiner Phänomentypen untersucht. Objekte und Beziehungen werden auf Skalen angeordnet (in der Reihenfolge der Entdeckung durch den Menschen): a) Makrophysik, b) Astrophysik, c) Mikrophysik. Die untersuchten Prozeßtypen sind (nach zunehmender Bedeutung geordnet): 1. die mutmaßlich nicht-lebenden Prozesse (organisch, inorganisch), 2. die mutmaßlich nicht-kognitiven lebenden Prozesse, 3. kognitive Prozesse. Das Maß der Skalen ist die Frequenz, die für nicht-lineare Formen steigt. Trotz der unmittelbar manifesten Unterschiede in Maßen und Typen erweist sich das Universum der experimentellen Forschung als funktional integriert.
Innerhalb der so geordneten Tabelle zeigen lebende Prozesse im allgemeinen und der Anstieg der potentiellen relativen Bevölkerungsdichte des Menschen durch die Anwendung kognitiver Prozesse das allgemeine Gesetz des Universums: Vom Standpunkt menschlichen Wissens über die Effizienz menschlicher Erkenntnis ist das Universum als Ganzes als nicht-entropischer Prozeß charakterisiert; die entsprechende Entwicklungsrichtung dieses Universums als Ganzes, als solches ein nicht-entropischer Prozeß, bedeutet, daß der Anteil der lebenden und kognitiven Prozesse im Verhältnis zum sogenannten „inorganischen“ Bereich steigt.
Wir wollen hier nur kurz darauf hinweisen, daß die Entwicklung der fiktiven angeblichen „drei Hauptsätze der Thermodynamik“ ein Mythos ist, den einige „Fausts“ des 19. Jahrhunderts erdichtet haben, wie Lord Kelvin, Clausius, Grassmann, Helmholtz, Maxwell, Rayleigh u. a. Die Hauptargumente für diesen Mythos entspringen dem Einfluß von Malthusianern wie Luigi Botero, Giammaria Ortes, Thomas Malthus u. a.; die aus dem 17. Jahrhundert stammenden willkürlichen traditionellen Annahmen aufgepfropft werden. Die radikal-positivistische Sichtweise des 19. Jahrhunderts betrachtete alle Daseinsformen als Ableitung von Prozessen, die in den kinematischen Vorstellungen der radikal-reduktionistischen Auslegung des Inorganischen wurzelten. Um diese haltlosen Annahmen auf den mikrophysikalischen Bereich zu übertragen, berief man sich axiomatisch auf Grassmanns Mythos der Linearität im Kleinen. Wenn man die mythischen Annahmen ignoriert, die der Formulierung der sogenannten „drei Hauptsätze“ zugrunde liegen, kann man auf keinen Fall glauben, daß diese „Gesetze“ jemals bewiesen worden seien.
)) Man gelangt also zur Definition des Menschen, indem man sich auf das konzentriert, woraus das nicht-entropische Potential der Gesellschaft entspringt.
Diese Besonderheit der Gattung – das Schaffen des nicht-entropischen Potentials – hat ihren Sitz in einer souveränen Qualität des Individuums, des einzelnen Menschen. Aus diesem charakteristischen Potential des Einzelnen leitet sich das nicht-entropische Potential der Gesellschaft und der Menschheit ab.
Die nicht-entropische Metaphorik der Riemannschen physikalischen Geometrie gibt eine deutliche Vorstellung von der Beziehung zwischen dem Ausgangspunkt des nicht-entropischen Potentials der Gesellschaft und dem Ursprung dieses Potentials im souveränen nicht-entropischen Potential des Einzelnen. Genauer: der Übergang der Gesellschaft von einer „n-dimensionalen“ physikalischen Geometrie zu einer „n-+-1-dimensionalen“ Geometrie.
Zu diesem Übergang bzw. Anstieg kommt es, wenn ein Mensch in seinem Geist eine Entdeckung macht, die als original, gültig und axiomatisch-revolutionär bewiesen wird. Die Vermittlung dieser neuen „platonischen Idee“ an andere erfolgt nicht in Form von „Information“, sondern indem ein Paradox (Metapher) aufgestellt wird, welches die andere Person – oder mehrere – dazu veranlaßt, den geistigen Akt der Entdeckung in ihrem eigenen souveränen Erkenntnisprozeß nachzuvollziehen. Nur wenn man die Entdeckung auf diese metaphorische Weise vermittelt, können ihr diejenigen, die gemeinsam den Entdeckungsprozeß nachvollzogen haben, einen Namen geben. Der Übergang von der Mannigfaltigkeit „n“ zur Mannigfaltigkeit „n+1“ geschieht dann, indem man die so mit einem Namen versehene Entdeckung in das veränderte Verhalten der gesamten Gesellschaft einbezieht.
Woher kommt aber die Mannigfaltigkeit „n“, der wir die „n-+-1ste Dimension“ hinzufügen? Die erste Entdeckung der beschriebenen Art, die der Entdecker macht, kommt von außerhalb: von der Gesellschaft. Dieses Erbe eignet er sich durch den Prozeß an, den wir „Erziehung“ nennen (oder durch etwas Entsprechendes). Die Weitergabe dieses Erbes geschieht im Innern, auf dieselbe Weise, wie der Entdecker andere anregt, seinen geistigen Entdeckungsprozeß nachzuvollziehen; der Entdecker erwirbt die Kenntnis der in „Mannigfaltigkeit n“ enthaltenen Prinzipien, indem er diese „n“ geistigen Prozesse originaler Entdeckungen im eigenen souveränen Erkenntnisprozeß nachvollzieht.
Diese vereinfachte Beschreibung der wichtigsten Wesenszüge der relevanten Prozesse reicht hier aus. Zum nicht-entropischen Verhalten der Gesellschaft kommt es durch den reziproken Prozeß der Kultivierung des Einzelnen durch die Gesellschaft und der Bereicherung des Grundlagenwissens der Gesellschaft durch den Einzelnen.
Je mehr Mitglieder der Gesellschaft sowohl auf diese Art und Weise erzogen werden als auch die Gelegenheit erhalten, solchen Fortschritt im täglichen Leben praktisch auszuüben, umso rascher der Fortschritt der Gesellschaft in Relation zum großen Bevölkerungsteilen zugänglichen Wissensstand.
Weiter gelangen wir anhand solcher Fakten zu der Einsicht, daß eine Gesellschaft, die die Voraussetzungen für Fortschritt erfüllt, das Agapische im Gegensatz zum Erotischen stärker betont: Agape muß gefördert werden, sonst werden die schöpferischen Aktivitäten, die für den Fortschritt unabdingbar sind, abnehmen oder ganz verschwinden.
Jeder Staat muß sich in dem in seiner Verfassung festgeschriebenen Recht dazu verpflichten, den eben zusammengefaßten Prinzipien des Fortschritts zu dienen. Dies muß auch die axiomatische Grundlage der moralischen Werte bilden, nach denen sich insbesondere Erzieher, Gesetzgeber, Richter und Staatsanwälte richten. Wird diesen Werten keine verfassungsmäßige Autorität eingeräumt, dann wird das Leben unsicher und die Freiheit, so wie Leibniz sie richtig formuliert hat, unmöglich.
Das bringt uns zu unserem abschließenden Thema: Wie verhält es sich mit dem „Glück“? Während der Vorwahlen der Demokratischen Partei zur Präsidentschaftswahl 1996 hat der sich Autor in mehreren Vorträgen mit dieser Frage beschäftigt. Dabei wurde die Frage auf das Gleichnis der „Talente“ aus dem Neuen Testament bezogen. Im folgenden werden das Argument und seine wesentlichen Implikationen für unser Thema zusammengefaßt.
Mit der Geburt erhalten wir das Leben und ein Erbe von Wissen, das wir uns aneignen können, indem wir die grundsätzlichen Entdeckungen nachvollziehen, die frühere Generationen gemacht haben. Das ist das Talent, das uns gegeben ist. Wenn wir dieses Talent, von uns bereichert, an die Nachwelt zurückgeben und in unseren täglichen Werken ein notwendiges Leben führen, dann wissen wir bei unserem Tode, daß unser Leben für unsere Gesellschaft notwendig war, und wir können über den Tod triumphieren.
Untersuchen wir unsere Beziehung zur Gesellschaft, einmal bezüglich der Kenntnis der Prinzipien, die wir erhalten haben, und dann der Prinzipien, die wir an diejenigen, die uns überleben, weitergegeben haben. Denken wir zunächst an unsere Schuld an die Vergangenheit.
Wenn man grundlegende Entdeckungen nachvollzieht, ist es erfahrungsgemäß sehr schön, den Namen des ursprünglichen Entdeckers zu erfahren, einige biographische Tatsachen zu kennen, darüber, wann, wo und wie er oder sie lebte, und vielleicht ein Porträt der Person zu haben. Beim Nachvollziehen einer ursprünglichen Entdeckung wiederholt unser Geist die gedanklichen Prozesse eines Menschen, der vor bis zu tausenden von Jahren gelebt hat. Man hat das Gefühl, als kenne man diesen Menschen, der an einem weit entfernten Ort und vor langer Zeit lebte, besser als sich heute manche Ehepartner der 68er-Generation kennen. Wo immer möglich bezeichnen wir Entdeckungen mit dem Namen des ursprünglichen Entdeckers. Wo immer das möglich ist, sollten wir es unbedingt tun.
Wenn Großeltern an ihre Enkelkinder denken, freuen sie sich auf die Zukunft, so als würden sie sich selbst in eine der wichtigen Erkenntnisse zurückversetzen, die sie selbst in ihrer eigenen Schulzeit gemacht haben. Die guten Seiten der Vergangenheit und Zukunft der gesamten Menschheit werden für uns alle sehr persönlich, im hier und jetzt, wenn es um gültige Entdeckungen und gute Taten im Geiste von gültigen Entdeckungen geht. Das wird am deutlichsten bei solchen grundlegenden Entdeckungen, die auf dem Hypothesenprinzip beruhen. Daß die Hypothese zum Guten strebt, verleiht ihr eine besondere Qualität von Zeitlosigkeit. Im Guten treffe alle, die gelebt haben, in Zeitlosigkeit zusammen; in der Hypothese finden wir jene „Nachahmung der Unsterblichkeit“, nach der sich der arme Dichter Wordsworth so sehnte. In dieser Art von Zeitlosigkeit herrscht jene Stimmung von agape, ohne die es keine Erkenntnis gibt. Der so erfahrene Moment der Zeitlosigkeit ist Leibniz‘ „Glückseligkeit“, das „Glück“.
Der Autor hat im Verlauf der Vorwahlen oft gesagt: „Jeder Mensch muß die Möglichkeit erhalten, so zu leben, daß er mit einem Lächeln auf den Lippen sterben kann.“
Dieser Begriff von „Leben, Freiheit und dem Streben nach Glück“ und die allgemeine Verpflichtung, das „Gemeinwohl“ zu fördern, sind jener Ausdruck des Naturrechts, den jeder kompetente, ernsthafte Gesetzgeber und auch ein jeder Bürger als Grundlage seiner Republik anerkennen sollte, vor dem sich jedes angewandte Recht bescheiden beugen muß. Nehmen Sie diesen Rat von einer Kirche, wenn Sie möchten; aber nehmen Sie ihn von einer Natur, deren Evangelium man hörte, auch wenn nie ein heiliges Buch geschrieben worden wäre.