Bei Conrad Hansen geht es immer um Geistiges,
um das, was hinter den Noten steht.
– Hans H. Stuckenschmidt, Musikkritiker, über Conrad Hansen im Jahre 1958.
Prof. Conrad Hansen, der im November 1996 90 Jahre alt wurde, gilt als der letzte deutsche Pianist einer Musikergeneration, die zwischen den Weltkriegen ausgebildet wurde. Bereits in jungen Jahren trat er öffentlich auf und kam mit 16 Jahren nach Berlin, um Edwin Fischer vorzuspielen, der einer der führenden anerkannten Pianisten und gesuchter Lehrer war. Fischer war sofort bereit, ihn zu unterrichten. Conrad Hansen entfaltete bald eine rege Konzerttätigkeit u. a. mit Eugen Jochum und ab 1927 mit Wilhelm Furtwängler. Ab 1935 wurde er Fischers Assistent an der Berliner Musikhochschule.
Seit dieser frühen Zeit war Conrad Hansen ein leidenschaftlicher Pädagoge, der mehrere Generationen von Pianisten ausbildete und förderte. Nach dem Zweiten Weltkrieg war er Mitbegründer der Detmolder Musikakademie, an der er als Klavier-Professor tätig war. Nach 14 Jahren in Detmold wurde er nach Hamburg berufen und lehrte außerdem an der Lübecker Musikhochschule. Als Herausgeber machte er sich um die Urtextausgabe der Klaviersonaten Beethovens im Henle-Verlag verdient. Aber er blieb auch immer Interpret. 1945 bildete er mit Erich Röhn und Arthur Troester das Conrad-Hansen-Trio, das über 30 Jahre internationale Anerkennung gefunden hat.
Im Rahmen der Veröffentlichung des Handbuches der Grundlagen von Stimmung und Register in deutscher Sprache durch das Schiller-Institut sowie aus Anlaß des 100. Todestages von Johannes Brahms entstand das folgende Interview, das Birgit Brenner und Karin Häge am 11.3. 1997 in Hamburg führten.
Herr Professor Hansen, wir möchten gerne mit Ihrem Werdegang in Berlin in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg beginnen. Berlin wurde ja damals zur wichtigsten Kulturmetropole, und 1922 kamen Sie ganz jung zu Edwin Fischer…
Das war damals in Berlin der Beginn einer sehr kulturträchtigen Zeit von großartigem Niveau in der Malerei und der Bildhauerei, der Literatur und der Musik. Ein Schüler des berühmten Pianisten Artur Schnabel, Conrad Wolf, beschrieb es so: Wir wurden mit den großen Ideen der Musik, den Interpretationsvorstellungen und -ausführungen unserer Meisterpianisten bekannt gemacht, aber über Pianistik wurde im Unterricht sehr wenig abgefragt. Dasselbe kann ich von meinem sehr geliebten Meister Edwin Fischer sagen. Er war einer der großartigsten Musiker und als Pianist hervorragend von dem berühmten Liszt-Schüler Martin Krause ausgebildet, der übrigens auch der Lehrer von Claudio Arrau gewesen ist. So konnte Edwin Fischer, wenn er übte, immer das wiederfinden, was er bei Krause gelernt hatte. Das hat man mit uns versäumt.
Wir haben zwar die gigantischen Vorstellungen von Musikerlebnissen wahrnehmen dürfen und können, aber die eigene Ausführung blieb doch schwierig und fast unausführbar, weil die musikalischen Vorstellungen für die pianistische Ausführung für junge Pianisten zu groß waren. Artur Schnabel hat dann später in einem Buch, das erst 1963 erschienen ist, über Pianistik gesprochen. Er hat einen wichtigen Satz gebildet. Er sagte, der Pianist solle möglichst nach vornaufwärts zu spielen versuchen. Der englische Pädagoge Tobias Matthei formulierte bereits 1904: Wenn der Pianist fühlt, daß er abwärts spielt, kann er sicher sein, etwas Falsches zu tun, und das stimmt! Aber wie ist das mit Worten zu erklären?
Ich selbst habe – von 1934–1940 – versucht, die großen Probleme der Pianistik aufzufinden und zu lösen. Ich habe arbeiten können, weil ich mich zu der Zeit in Berlin von der Öffentlichkeit zurücknehmen konnte. So habe ich 6–7 Jahre gearbeitet. 1940 bekam ich von den Berliner Philharmonikern den Auftrag, Tschaikowskijs b-moll-Klavierkonzert mit dem berühmten Dirigenten Willem Mengelberg zu spielen. Mengelberg kannte ich schon seit 1924, da ich mit meinem Meister Edwin Fischer öfter in Holland war, wenn er Konzerte im Concertgebouw gab. Es war für mich sehr verlockend, dieses Angebot anzunehmen. Machst Du das, sagte ich mir, kannst Du prüfen, ob Du das, was Du sechs Jahre gesucht hast, gefunden hast und tatsächlich als deutscher Pianist diese sehr schwere Tschaikowskij-Konzert spielen kannst. Mengelberg war sehr einverstanden, wie ich spielte, und sagte: „Ich habe selbst Tschaikowskij gekannt und mit ihm zu tun gehabt. Ich weiß, was es heißt, Tschaikowskij zu spielen. Und“, sagte er zum Orchester, „er spielt es richtig.“
Das war für mich natürlich eine sehr große, bedeutsame Bestätigung, das Gesuchte gefunden zu haben. Aber denken Sie, ich bin 1922 nach Berlin gekommen, aber 1940 war ich erst überzeugt, ein Pianist geworden zu sein – durch meine sehr ernste Arbeit an dem Pianisten, Musiker und Interpreten Hansen. Das eine ohne das andere ist nicht ausreichend und hilft dem Künstler gar nichts. Andererseits: kann man gut Klavier spielen, ist aber kein guter Musiker, nützt das nichts. Ist man aber ein guter Musiker und hat keine Technik, keine Pianistik, so nützt es auch nichts. Das hat Alfred Cortot so eindrucksvoll ausgesprochen.
Schon sehr früh durfte ich in Berlin die Meisterklasse von Prof. Edwin Fischer an der Berliner Musikhochschule, vor allem im Wintersemester vertreten, weil er da auf sehr langen Konzertreisen war. Er kam nur manchmal nach Berlin, um einen Koffer zu wechseln, wie uns seine Hausdame oft erzählte. Ich war selbst noch sehr jung und sah voller Erstaunen, wie die Studierenden nur die größten Werke der Literatur spielten. Ich fragte dann ganz bescheiden: „Ich möchte so gerne eine zweistimmige Invention von Bach hören. Könnt Ihr das?“ Und siehe da, es stellte sich sofort der Mangel an pianistischer Ausbildung heraus. Ich muß heute dazu sagen, die großen Musiker und Musikerlehrer wie Artur Schnabel, Edwin Fischer wie auch andere heute noch hatten keine Zeit für detaillierte Ausbildung der Pianistik. Denn mit einem Musikstück ist schnell eine Klavierstunde um, manchmal schon mit einem Satz oder, wie Chopin meinte, sogar mit einer Seite einer Sonate. Ich habe mit Begeisterung diese pädagogische Tätigkeit aufgenommen. Edwin Fischer sagte damals: Tu das doch! Vertritt mich! So machst Du eine neue Erfahrung. Und die habe ich gemacht, und sie ist dann ein großer Inhalt meines Lebens geworden.
Ich möchte Sie als Interpret und Pädagoge fragen: Wie vermitteln Sie die musikalische Idee eines Werkes? Ein Kritiker hat über Sie gesagt, daß es bei Ihrem Spiel immer um das gehe, was „hinter den Noten“ steht, wie es Furtwängler ja auch für die Musik gesagt hat. Kann man das vermitteln?
Für einen Schüler ist es schon von elementarer Bedeutung – was auch Brahms so wunderbar ausdrückt –, Hand und Finger wie auch Rücken und Arm in die pianistische Ausbildung einzubeziehen. Eine mechanistische Tätigkeit sollte verhindert werden. Wie kann ich im Schüler die musikalische Klangvorstellung erzeugen? Erst wenn eine musikalische Klangvorstellung erreicht ist, kann ich versuchen, sie über die Tonbildung in Klang umzusetzen. Brahms hat 51 Übungen für Klavier geschrieben. Diese Übungen sind wirklich großartig, sind doch in jeder Übung zwei wesentliche Elemente der Musik enthalten, nämlich: Rhythmik und Dynamik. Jedes Musikstück besteht aus diesen elementaren Bestandteilen, natürlich in der komponierten Form, aber die Form ist wieder eine andere Frage. So denke ich. Diese Vorstellung von Dynamik und Rhythmik können Sie auch an pianistischen Übungen – wie Brahms selbst betont – wunderbar erlernen.
Ich möchte noch einmal nachfragen: die Idee des Komponisten gilt es ja kreativ nachzuschöpfen…
Ja, das ist der andere, wohl wichtigste Prozeß. Wenn jemand Pianist werden will, und er ist dazu auf dem besten Wege, ist die nächste Frage: Was für ein Musiker ist er, wie versteht er die Musik, wie fühlt er sie, wie will er sie interpretieren? Hat er eine Vorstellung, die von innen kommt und dort als Klangvorstellung sinngebend besteht? Das haben leider wenige Menschen, daß sie lesend hören, was und wie zu spielen ist. Man kann aber darin gut weiter kommen, wenn man das Singen hinzunimmt. Der Ausdruck des Singens verbindet sich mit dem Atmen, bei uns – beim Klavierspielen – mit Bewegungen, die dem Atmen beim Sänger entsprechen. Ich habe neulich gelesen, wie zum Beispiel beim Geiger ein langsamer Bogenstrich für einen schönen Ton erforderlich ist.
Das Klavier hat aber einen vorgefertigten Ton, man drückt eine Taste und der Ton ist da.
Das musikalisch bedeutsame ist, daß der Klavierton Längen erhält, einen langen, schwingenden Klang bekommt. Wenn Sie schnell und heftig spielen, wird der Ton verzerrt. Sie müssen also behutsam und intensiv den Anschlag von der Taste in Richtung Tastenboden vollziehen und nicht von oben auf die Taste schlagen. Das ist der entscheidende Unterschied. Brahms hat zum Beispiel Übungen für den Daumen geschrieben und hat den Daumen nach vorne in die Taste hineinführen lassen, indem das Handgelenk nachgibt. So wird ein Schlag auf die Taste vermieden.
Mein eindrucksvolles, auch beweisführendes Erlebnis ist, wenn die Kinder von 6–17 Jahren im berühmten Steinway-Wettbewerb in Hamburg spielen. Und der Flügel klingt, weil die Kinder nur von der Taste in die Taste spielen. Ab 15–16 Jahren fangen die Spieler sofort an zu schlagen, sie spielen abwärts auf die Taste, der Ton wird dadurch verzerrt, und es klingt sofort laut und hart. Das ist der Beweis, das hat schon Chopin und sogar Beethoven angesprochen – von Ton zu Ton, von Taste zu Taste, und die gespielte Taste nicht sofort loslassen, sondern halten, bis die andere angeschlagen ist. Das gibt ein wunderbares Legatospiel, für das Beethoven so berühmt war.
Was heute am meisten fehlt, sind Vorstellungen, und ich versuche, diese zu wecken. Deshalb spielte mein geliebter Lehrer Edwin Fischer, wenn er übte, so wie kaum ein anderer. Er hatte bei seinem großartigen Lehrer Martin Krause gelernt, wie man gesangvollen Klang erreicht. Wenn wir es aber nicht gelernt haben, dann ist es nicht in uns drin. Warten wir bei Tausenden von Begabungen auf ein Genie, das es von seinem Genie her findet, o.k., da bin ich einverstanden. Aber das ist ganz selten. Ich selbst habe schon mit 10–12 Jahren berühmte Stücke wie Beethovens Pathétique, Liszt-Rhapsodie oder die Wandererphantasie von Schubert gespielt. Das ist als Möglichkeit, Musiker zu sein, bestehen geblieben. Aber wann wird der Musiker Künstler? Doch nur in der Möglichkeit, die Interpretation als Pianistik – Technik sage ich nicht gerne –, die Pianistik in die Musikvorstellung zu integrieren. Und die Interpretation ist das, was zwischen dem Werk und dem Musiker Gestalt annimmt. Die aber ist in meiner Vorstellung. Ist aber die Vorstellung nicht da, kann ich nur mechanistisch spielen. Das wird nie eine künstlerische Aussage werden. Ravel hat das auch gesagt: spiele, was zwischen den Noten steht. Aber das ist ja gerade die Verbindung, die von Ton zu Ton entsteht und die kleinen oder großen Bögen bildet, was man Phrasierung oder eine Phrase gestalten nennt. Das führt zum Interpreten, zum Künstler, nicht zum Nur-Klavierspieler. Warum hat Brahms diese großartigen Übungen geschrieben? Es muß doch einen tiefen Sinn haben? Man findet hier oft wenig Verständnis dafür, Liebe schon gar nicht. Ich kann natürlich die Übungen schnell und mechanisch üben, aber das ist ganz sinnlos. Mein Lehrer sagte: dann kannst Du auch besser spazieren gehen. Ein Sänger muß doch auf Tonbildung achten, so wie Sie das hier auch in dem Handbuch über die Grundlagen von Stimmung und Registergeschrieben haben.
Sie sind ja auch sehr bekannt für Ihre Beethoven-Interpretationen. Und Sie haben Beethovens Klaviersonaten herausgegeben.
Es war die Einladung von Günther Henle, der in seinem Verlag die schönen Urtext-Ausgaben entwickelt hat, und für mich war es von großem Reiz, mit möglichst wenigen, aber weiterführenden Fingersätzen zu arbeiten. Man hat mir oft bestätigt, daß man von meinen Fingersätzen gerne weiterdenkt und versteht: ah ja, da liegt der Zusammenhang. Denn Fingersätze sind durchaus letzten Endes individuell. Man kann Anregungen geben, das habe ich versucht. Wir haben auch nicht zu viele gemacht. Es gibt Ausgaben, die sind überfüllt mit Fingersätzen; das hat aber wenig Sinn. Ich wollte nur eine Anregung geben. Ich bin nicht nur Pianist und Musiker und Künstler, sondern auch Pädagoge geworden – und last not least ein leidenschaftlicher, vielfältiger Kammermusiker, was ich sehr geliebt habe.
Sie haben mit Ihrem Trio gespielt, das Conrad-Hansen-Trio mit Erich Röhn und Arthur Troester. Aber auch mit vielen anderen, zum Beispiel mit dem Amadeus-Quartett konzertiert.
Ja, mit meinem Trio haben wir alle großen Kammermusikwerke aufgeführt. Und natürlich auch alle großen Duowerke. Die Aufführungen mit dem Amadeus-Quartett waren gleich nach dem Zweiten Weltkrieg in Berlin und in Deutschland ein besonderes Ereignis. Wir haben uns wunderbar verstanden. Norbert Brainin wird davon heute noch erzählen. Er hat dann ja großes Interesse gefunden, die musikalische Stimmung nach unten zu führen, nicht nach oben. Wer versteht das richtig? Nach oben – das ist wie beim Anschlag – wird sie zu brillant. Das ist schon richtig, aber schwierig zu lernen und vielleicht sogar zu verstehen!
Der Drang zur Brillanz hat auch etwas mit der Virtuosität zu tun, die wir heute oft auf den Konzertbühnen erleben.
Schnell und laut bedeutet nicht Musik und künstlerische Interpretation. Ich bin heute bei wenigen Spielern angerührt – und ich bin sehr traurig darüber. Ich habe ja noch mit den großen Sängern konzertiert. Heute kennt sie keiner mehr. Wer kennt zum Beispiel Karl Erb, einer der großartigsten Liedersänger. Das hat mich natürlich sehr beeinflußt und beeindruckt. Ich war damals noch sehr jung, und Karl Erbs Gesang war einmalig. Auch Maria Ivogün war eine wunderbare Koloratursängerin, aber nicht im artistischen Sinne, sondern mit dem schönsten musikalischen Ausdruck.
Heute will man ja von Wahrheit in der Musik nicht viel wissen. Die Strömung der Geschmacksmeinung soll entscheiden, was gefällt. Als Edwin Fischer starb, haben Sie in einer Rede über ihn gesagt, er sei in „Demut der Wahrheit immer auf dem Fuße gewesen“. Was verstehen Sie darunter?
Das ist eine sehr große und tiefe Frage. Wer wächst da hinein? Wer kann das heute noch? Wer hat noch die Erlebnisfähigkeit. Unsere Zeit ist leider so arm an Leben, an Erleben. Die jungen Künstler haben offenbar keine Zeit mehr, zu leben und das Leben zum Erlebnis zu machen und damit auch den Ausdruck in der Musik dem Zuhörer nahezubringen. Es ist schnell und laut, und zerstört etwas Wesentliches im Ausdruck, das doch eher in dem Leisen und Verhaltenen liegt. Und das Publikum ist nur dann anrührbar, ansprechbar. Wir hören das ja oft vom Publikum, wie sehr sie das entbehren. Sehen Sie, ich kann mit 90 Jahren zum Beispiel 70 Jahre und mehr zurückblicken und feststellen, eine wie große Zeit der Musik es gewesen ist. Die großen Künstler der Zeit gehört zu haben, wie zum Beispiel Pablo Casals, das war einfach phantastisch. Aber das kann man nicht erzwingen, auch nicht heranbilden. Das muß in jedem Menschen, der ein Künstler ist, ein Musiker sein will, wachsen. Busoni sagte gerne, daß einem ein Leben durch die Seele gezogen sein müsse, um die großen Empfindungen zum Ausdruck zu bringen.
Sie haben die großen Künstler der Zeit gehört und mit ihnen konzertiert. Heute können wir alles auflegen, es gibt unzählige Aufnahmen, beliebig oft spielbar. Aber das Konzerterlebnis fehlt, nicht nur dem Publikum, sondern vor allem auch den heranwachsenden Musikern.
Bravo, daß Sie das sagen, das ist genau meine Meinung. Weil die CD mit falschen Voraussetzungen gemacht wird, nämlich aus schnell und laut und leise, aber oft zu leise, so daß die Extreme zwischen ff und pp ein großes Problem innerhalb der CD werden. Das mag ich nicht gerne. Die Zwischenräume fehlen, dynamisch, klanglich. Ich weiß, daß es sehr schwer ist; ich habe selbst jetzt eine CD gemacht, von der man mir schreibt, daß sie klanglich so wunderbar wäre. Ich hoffe, daß es wirklich so ist. Die CD wurde zu meinem 90. Geburtstag gemacht: „Conrad Hansen entdecken“. Das Konzert vermittelt natürlich das produktive Gegenüber und das unmittelbare Klangerlebnis im Raum, der ganz verschieden sein kann. Das ist aber immer besser als eine CD. Ich kenne nur eine CD, die wunderbar ist, von Michaela Petri, der hervorragenden Blockflötenspielerin. Aber da ist es natürlich die kleine Klangamplitude, die so sagenhaft schön herauskommt.
Zum Schluß eine Frage zu Beethoven. Theodor Adorno hat behauptet, Beethoven sei in seinem Spätwerk deswegen nicht verstanden worden, weil er den tonalen Rahmen gesprengt hätte…
Dissonanzen hat er sehr geliebt, aber daß er die atonale Musik vorausgenommen habe, ist ein intellektueller Versuch, das nachher so zu interpretieren. Und gerade bei Beethoven ist diese Art Intellekt nicht richtig. Intelligenz ja, aber keine intellektuelle Abstraktion.
Beethoven hat es als höchste Empfindung bezeichnet.
Ja, eben. Und das schließt das Abstrakte aus. Der Pianist, der nicht sucht, diese Empfindung als Musiker zu fühlen, wird auch die Musik nicht machen können. Denn dazu braucht man ein ganzes Leben, und es hört auch nicht auf, das ist doch wunderbar. Es gibt einem auch Mut, an die Lebenskraft des Alters zu denken.
Herr Prof. Hansen, wir hoffen, daß diese Ihnen noch lange erhalten bleibt, und danken für das Gespräch.